Eine Woche lang hatten wir im hybriden Sommercamp an 7 Orten Europas vernetzt zusammen gelebt und uns für den Frieden engagiert. Im Camp in meiner Stadt waren fast 100 Ukrainer*innen engagiert. Jeden Morgen begannen wir mit einem kleinen Motto aus dem Tages-Evangelium. Am vorletzten Tag lasen wir im Evangelium: „Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu!“ Wir verstanden: Maria war im Hören auf Jesus ganz auf das Wirken Gottes ausgerichtet. So war unser Motto: „Gott ist am Werk, entdeck es!“ Bei unserem Abschlusstreffen am nächsten Tag dankte ich den Ukrainischen Campteilnehmer*innen für die viele Liebe, die sie im Camp investiert hatten. In dieser Liebe – so ließ ich sie verstehen – war und ist Gott am Werk, denn ER ist die Liebe. Spät abends schrieb mir eine Ukrainerin: „Danke für diese wunderbare Zeit. Ich habe einen so tiefen Frieden in mir gespürt. Ich werde in die Ukraine zurück kehren, aber ich habe mich bei dem Gedanken ertappt, hier bleiben zu wollen, weil ich unter uns ein Leben entdeckt habe, das ich vorher nicht kannte."
Eine Gruppe junger Frauen war für einen Tag zu uns ins Sommercamp gestoßen. Das Tagesmotto, dem wir folgten, war: „Gott ist am Werk, entdeck es!“ Im Gesicht einer der jungen Frauen sah ich eine tiefe Traurigkeit – auch während der vormittäglichen Workshoparbeit. Mittags nahm ich mir vor, mich an ihren Tisch zu setzen. Als ich in den Speisesaal kam, war neben ihr ein Platz frei. Ich setzte mich mit meinem Teller zu ihr, fragte sie nach ihrem Namen und erzählte ein wenig von mir und den ganzen Aktivitäten des Camps und von den vielen ukrainischen Freunden, die sich so engagiert in die Workshops einbrachten. Als sich die Gruppe am Spätnachmittag wieder verabschiedete, versuchte ich jedem noch einmal ganz persönlich nahe zu sein und einen Brückenschlag von Herz zu Herz zu ermöglichen. Dann fuhren sie. Einen Tag später durfte ich in einer WhatsApp-Nachricht mit Blick auf diese junge Frau lesen: „Als wir abends nochmals den Tag anschauten, war sie wie verwandelt. Sie erzählte total offen und mit großem Interesse von ihrem Tag. Und am nächsten Tag ergab sich ein Gespräch von großer Tiefe. Alles Leid und allen Schmerz konnte sie auf einmal anvertrauen!“
Ein Mann mittleren Alters stand an einem Geländer in der Sonne. Er schien zu warten. Ich sprach ihn an. Er sprach kein Deutsch. So kamen wir über Englisch miteinander ins Gespräch. Er kam aus der Ost-Ukraine. Schnell vertraute er mir. Seine Frau und ihre kleine Tochter stießen zu uns. In der Ukraine hatten beide studiert, geheiratet und sich dann ein kleines Eigenheim mit einem wunderschönen Garten aufgebaut. „Wir sind in der Ukraine am Punkt Null gestartet und hatten es so schön. Jetzt ist alles zerstört! Meine Frau wird da noch nicht mit fertig!“ Ich lud sie in unsere Kirche ein, wo Flüchtlinge auf eine große Holztafel die Karte der Ukraine gemalt haben. Auf kleinen Zetteln können sie dort die Namen ihrer Lieben hinterlassen. Abend für Abend bete ich für all diese Menschen. Die Frau nahm sich sofort einen Zettel. Mit Tränen in den Augen schrieb sie all die Namen ihrer Lieben auf und legte ihn in die Box – ein sehr emotionaler Augenblick. Ich lud die kleine bei uns gestrandete Familie ein, am Hochaltar das Bild der Emmausjünger anzuschauen. Sie kannten die Geschichte nicht. „Spürt ihr das tiefe Vertrauen und die Liebe unter uns in diesen Augenblicken?“ fragte ich behutsam. Die Frau nickte. „Und ich spüre einen tiefen Frieden“, sagte der Mann. Ich schaute die drei an und sagte zu ihnen: „Wo die Liebe ist, da ist Gott gegenwärtig. Er ist uns jetzt ganz nah!“ Unsere Augen füllten sich mit Tränen.
Ein 13 jähriges Mädchen wurde mir spät abends wegen akuter Bauchschmerzen vorgestellt. Ich traf auf ein ungemein reifes, aber sehr schmerzgeplagtes Mädchen. Mir war sofort klar, dass ich sehr behutsam vorgehen musste, um keine Ängste auszulösen. Schnell war mir klar. Ich musste das Mädchen noch in der Nacht operieren.. Es gelang mir eine so gute Beziehung zu dem Mädchen aufzubauen, dass sie - gemeinsam mit ihrer Mutter - in die notwendige OP einwilligte, ohne panisch zu werden. Der durchaus nicht leichte Eingriff gelang gut. Am anderen Tag schon konnte sie nahezu beschwerdefrei entlassen werden. Nach einer Woche kam sie erneut mit ihrer Mutter zu mir, um sich zu bedanken! Sie schenkte mir einen Schlüsselanhänger in der Form einer Hand, die ein Kind in sich behütet. Das junge Mädchen sagte, es sei ihr so wichtig, mir dieses Symbol zu schenken, da sie sich bei mir genauso sicher und geborgen gefühlt habe. Mutter, Tochter und ich lagen uns mit Tränen der Rührung in den Armen!
Eine junge Studentin, die außerhalb ihres Landes studieren wollte, hatte um Unterstützung gebeten. Ich schrieb einen kleinen Artikel über ihr Vorhaben und veröffentlichte ihn in den Pfarrnachrichten. Nach einer Messe kam eine ältere Frau mit osteuropäischen Wurzeln, die in einer tiefen Beziehung mit Gott lebt und übergab mir einen Briefumschlag. Als ich ihn öffnete fand ich eine hohe dreistellige Summe Geld für die junge Studentin. Beim nächsten Treffen sagte ich der älteren Frau: „Ihre Gabe für die Studentin hat mein Herz sehr berührt!“ Sie erwiderte: „Ich weiß, wie es ist, Pläne zu haben und sie nicht realisieren zu können, weil man nichts hat. Ich möchte, dass es der jungen Frau nicht so ergeht!“
Wir waren einander ein einziges Mal begegnet. Unsere Lebenslinien trennten 20 Jahre. Die brüderliche Begegnung war uns tief im Herzen geblieben. Vom ersten Augenblick verband uns ein tiefes und ehrliches Miteinander – getragen von einem ehrlichen Respekt und einer großen Wertschätzung für das Leben und das Engagement des anderen. Jahre hörten wir nichts mehr voneinander. Dann kam ein Anruf. „Ich bin vor kurzem 80 Jahre alt geworden. Ich war immer gesund. Doch vor kurzer Zeit ist eine schwere Krankheit bei mir diagnostiziert worden. Mir steht eine schwere Operation bevor. Als Religionslehrer habe ich viel über die Grenze des Lebens gesprochen. Jetzt zeigt sich mir, was wirklich trägt. Darf ich Dich um Dein Gebet bitten!“ Ganz betroffen von der plötzlichen Botschaft, sagte ich es gern zu. „Das bedeutet mir sehr viel!“ hörte ich mein Gegenüber sagen. „Vielleicht hören wir uns in einigen Monaten wieder am Telefon!“ sagte er. „Egal was wird“, so ließ ich ihn wissen, „wir sind verbunden – über alle Grenzen hinweg!“ – „Das tut so gut zu wissen!“ Dann verabschiedeten wir uns.
Für eine Mutter, die mit ihrem Kind, aus einem fernen Land als Flüchtling zu uns gekommen war, hatte ich zwei Fahrräder besorgt, damit sie mobil sind. Am späten Sonntagabend erreicht mich eine Botschaft von ihr: „Wir sind gerade von einer Fahrradtour nach Hause gekommen. Es war so aufregend. Ich bin Ihnen sehr dankbar für diese wunderbaren Fahrräder, wir hatten eine tolle Zeit. Es ist so gut, Zeit mit seinem Kind zu verbringen. Unsere Zeit ist eines der größten Geschenke, die wir unseren Kindern machen können. Wenn Liebe und Harmonie zwischen Eltern und Kindern herrschen, strahlt das auf die ganze Familie aus und sorgt für ein liebevolles, zuverlässiges und glückliches Umfeld. – Danke!“
In einer Mail darf ich lesen: Meine beiden Kinder sind in ihren Berufen angekommen. Ich bin so stolz auf sie. Vor einigen Jahren kam ich einmal zu Dir. Meine Seele war dunkel und ich suchte das Licht. Auf meine Frage, was ich tun könnte, sagtest du zu mir: „Fang an zu lieben!" Ich hab mir das zu Herzen genommen und ich habe angefangen, ehrlich und richtig zu lieben. Von diesem Augenblick an füllte sich mein Herz mit Licht. Ich bin das, was ich heute bin, durch diese vier Worte geworden: „Fang an zu lieben!“ Ich bin sehr dankbar.
Auf einer längeren Wanderung machte ich Rast auf einer Bank. Drei Ehepaare kamen mit einem kleinen Hund und gesellten sich zu mir. Wir begannen ein lustiges Gespräch und freuten, einander kennenlernen zu können. Ich hatte noch ein drei Fruchtschnitten in meinem Rucksack, für jedes Ehepaar eins. Ich gab sie ihnen mit der scherzhaften Bemerkung: Ehe würde ja auch bedeuten, das Leben zu teilen. Gern nahmen sie die kleine Gabe an. Am Ende bedankten wir einander, uns für diesen kurzen Augenblick begegnet zu sein. „Der bleibt bestimmt in meinem Herzen!“ ließ mich eine der Wanderinnen wissen, als ich weiterzog.
On a long hike, I stopped for a rest on a bench. Three couples came with a small dog and joined me. We started a funny conversation and were happy to get to know each other. I had three fruit slices in my backpack, one for each couple. I gave them to them with the joking remark: marriage would also mean sharing life. They gladly accepted the small gift. At the end, we thanked each other for having met for this short moment. "I'm sure it will stay in my heart!" one of the hikers told me as I moved on.
Während meiner Ferien war ich frühmorgens zu einer Wanderung aufgebrochen. Auf dem Wanderparkplatz hatte ich ein Ganztagesticket gekauft. Als ich am späten Vormittag zurück kam, währte das Ticket noch einen halben Tag lang. Ein jüngeres Ehepaar kam und parkte ihren Wagen neben dem meinen. Ich ging auf sie zu und fragte, ob ich ihnen mit meinem Parkticket eine Freude bereiten könne. Erstaunt schaute mich die Frau an und nahm das Ticket gern entgegen. „So was geschieht ja heute nur noch ganz selten, dass da jemand so aufmerksam ist!“ ließ mich die Frau wissen. Dann ging sie zum Auto, holte zwei Äpfel und gab sie mir: „Die sind für Sie. Sie sind frisch aus unserem Garten!“ Dann verabschiedeten wir uns. Heute nun – Wochen nach dem Urlaub – fiel mein Blick auf diesen Apfel. Voller Freude nahm ich ihn zur Hand und aß ihn. Meine Gedanken wanderten zurück zu dem Augenblick dieser schönen und ehrlichen Begegnung und ich spürte eine tiefe Freude im Herzen.
Etwas leichtsinnig, ohne Regenkleidung, ging ich bei unsicherem Wetter aus dem Haus. Ich vertraute darauf, dass es nicht regnen würde. Langsam tauchten immer dunklere Wolken auf, die sich in einem Sturm mit peitschendem Regen entleerten. In einer offenen Garage fand ich einen trockenen Unterschlupf. Im Trockenen betete ich für die vielen Menschen, die im Tropenregen in einfachen Zelten überleben mussten, die in Pakistan mit dieser furchtbaren Überschwemmung zurechtkommen mussten. In der halben Stunde bis zum Ende des Sturms fand ich in ein tiefes Gespräch mit Gott. Ich bat Ihn, dass ich in Schwierigkeiten oder Problemen, nie an Seiner Liebe zweifeln möge. Als ich nach Hause ging, staunte und freute ich mich über einen wunderschönen Regenbogen, ein Zeichen göttlicher Liebe zu mir und zu unserer Welt.
Aus den Nachrichten hatte ich erfahren, dass die Luftangriffe in der Ukraine wieder massiv zugenommen hatten. Ich kontaktierte mehrere go4peace-Freunde in dem Land, um sie unsere Verbundenheit spüren zu lassen. Seit Monaten wusste ich um ihre Angst. Daraufhin erreichte mich eine Antwort, die mich sehr bewegt: „Weißt Du, es gibt Momente, da scheint alles zusammenzu-brechen. Ich versuche, eine Aufgabe zu beenden und ein Treffen vorzubereiten, aber ich habe keine Lust. Meine ganze Aufmerksamkeit wird von den Nachrichten in Anspruch genommen, die eintreffen. Es sind wieder Raketen vom Kaspischen Meer abgefeuert worden. Schockstarre. Ich versuche, Verwandte und Bekannte anzurufen. Und ich werde sehr wütend, wenn keine Antwort kommt. Der Verstand will nicht akzeptieren, dass der Mobil-Dienst nicht gut funktioniert. Und dann frage ich in all dem, was Gott will, was er von mir will. In unserem go4peace-Monats-Kommentar vom Oktober lese ich: ‚Nicht lau sein, sondern eine Entscheidung treffen!‘ So entscheide ich mich für kleine Schritte. Ich beschließe, meine Mitarbeiter zu kontaktieren und sie zu bitten, aus Sicherheitsgründen zu Hause zu bleiben. Ja, immer neu kleine Entscheidungen treffen, vorwärts gehen, Gott bitten, auch wenn ich ihn oft nicht spüre, glauben, dass er sich in den Menschen und Situationen des Tages zeigen wird… Zwei Tage unter den Raketen machen mich wahnsinnig, aber ich bleibe auf dem Weg. Danke für all Deine Verbundenheit! Ich brauche sie. Ich spüre mit den Sinnen meiner Seele, ER, Jesus, ist unter uns, will immer neu geboren werden. Das trägt mich sehr! Danke!“
Fast wöchentlich erscheint eine sehr alte ukrainische Frau in unserem ehrenamtlich geführten Kleiderladen. Sie schaut vorbei, auch wenn sie gar nichts braucht. Wir verständigen uns meistens nur über Mimik und Gestik. Sie spürt, dass sie total willkommen ist. Obwohl sie in ihrem hohen Alter alles zurücklassen musste und miterleben muss, wie ihre Heimat zerstört wird, strahlt sie uns immer glücklich an und erzählt ganz viel. Dann nimmt sie uns in den Arm und wir freuen uns jedes Mal sehr, wenn sie kommt. Es ist nebensächlich, ob wir irgendetwas verstehen oder nicht. In den Augenblicken unserer Begegnung ereignet sich eine Liebe zwischen uns, die stärker ist als jedes Leid. Jesus ist in diesen Augenblicken wirklich da. Die strahlenden Augen der alten ukrainischen Frau nehme ich dann im Herzen mit nach Hause. Diese tiefe Liebe, die sich zwischen Menschen verschiedener Nation und Generation schenkt, ist durch keine Rakete zerstörbar.
Ich hatte noch ein wenig Zeit und wollte sie gern jemandem schenken. Ich wusste um einen Ort, wo sich nachmittags ukrainische Flüchtlinge trafen. Ich gesellte mich zu ihnen. Ein junges Ehepaar fiel mir auf. Sie standen mit einem kleinen Kind am Rand und schienen ein wenig scheu. Ich gesellte mich zu ihnen. Die Verständigung war nicht leicht. Immer wieder musste ein Übersetzungsprogramm auf dem Handi helfen. Die Frau war mit dem kleinen Kind schon über sechs Monate in Deutschland, der Mann erst kürzlich aus den russisch gewordenen Gebieten geflohen. Er mühte sich, von sich und seiner Situation zu erzählen. Er war richtig glücklich, jetzt mit seiner Frau und kleinen Tochter in Sicherheit zu sein. Die drei hatten entschieden, in unserem Land zu bleiben. Als ich mich nach einer guten Stunde verabschiedete, tippte der Mann einen ukrainischen Satz in sein Handy. Übersetzt las ich: „Danke, dass Du bei uns geblieben hast und uns Deine Zeit und Deine Liebe geschenkt hast!“
Wir hatten die Wohnung einer verstorbenen älteren Dame auszuräumen. Eine junge Lehrerin, die neu in unserer Stadt war, freute sich über viele noch gut erhaltene Möbel. Ein großer sehr gut erhaltener Kleiderschrank passte allerdings nicht in die neue Wohnung. Ich sah, wie ein anderes Team-Mitglied Freude an diesem Schrank fand. Zugleich wusste ich, dass es viele Stunden Arbeit des Abbauens, Transportierens uns Wiederaufbauens nach sich ziehen würde. Am Tag zuvor hatte ich noch einen kleinen Text über die Goldene Regel geschrieben. Er endete mit dem Motto: Miteinander – wie sonst! Das kam mir in den Sinn. Sofort spürte ich eine Entschiedenheit in mir, dem Schrank Flügel zu verleihen. Mithilfe einiger Jugendlicher machten wir uns ans Werk. Wir schafften es sogar noch, den Schrank in die Nachbarstadt zur Wohnung des Mannes zu bringen. Als wir den Schrank nach 10 Tagen aufbauten, schaute ich in die strahlenden Augen des Beschenkten. „Ich hab mich so sehr gefreut, dass das möglich geworden ist. Danke für unser lebendiges Miteinander!“ Und dann lud er zu einem tollen italienischen Mittagessen ein.
Früh morgens schon saß ich im Frisörshop. Ich war der erste Kunde. Es war noch ruhig. Die Frau, die mich bediente, war wohl mit dem linken Bein aufgestanden. Alles schien schwer und alle Themen, die sie im Herzen hatte, waren belastend: Corona, Energiekrise, Krieg, Ungerechtigkeit, Angst vor der Zukunft… Was kann ich tun, um sie aus diesem dunkeln Loch heraus zu holen, fragte ich mich. Mir kam die Erfahrung mit den Zwiebeln vom Vortag in den Sinn. Einer inneren Stimme folgend war ich zu eine ukrainischen Familie aufgebrochen und hatte ihnen – unerwartet eine Kiste voller Kartoffeln, Zwiebeln und Äpfeln vorbei gebracht. Die Mutter dieser Familie war davon so berührt gewesen, hatte sie doch am Morgen alle ihre Zwiebeln einer befreundeten Familie gegeben, die dringend welche brauchten. Und dann stand ich da mit all den Früchten der Erde. „Boh, das ist ja toll. Ich bekomme gerade eine Gänsehaut!“ hörte ich meine Friseuse sagen. „Und so können wir jeden Augenblick mit dem Licht der Liebe füllen!“ fügte ich hinzu und schaute sie an. „Stimmt, danke fürs Erzählen. Das hat meinen Tag aufgehellt. Jetzt geht’s anders weiter. Nochmals Danke!“ Als ich ihr noch ein kleines Trinkgeld gab, strahlte sie. Mit diesem Strahlen beschenkt verließ ich den Shop.
Während eine Friseuse mir die Haare schnitt, kamen wir in ein lebendiges Gespräch über die heutige Zeitsituation. „Wissen Sie“, ließ sie mich wissen, „ich schau mir gar keine Nachrichten mehr an, denn dort hör ich nur Negatives und das bringt mich dann total aus dem Gleichgewicht. Skandale in der Kirche, Klimaproblem, Ukraine-Krise, schwache Regierung, Corona… - Ich kann’s nicht mehr hören!“ – „Schade, dass so viele positive Sachen wenig Chance haben, in die Nachrichten zu kommen!“ reagierte ich. „Oh, dann erzählen Sie mir doch mal was Positives!“ bat sie mich. Ohne zu zögern erzählte ich ihr vom vergangenen Samstag, an dem wir mit 5 jungen Leuten kleine Videos gedreht haben, die über QR-Codes in einem Logbuch fürs Leben zu erreichen sein werden. Ich erzählte ihr, wie lebendig, wachsam und voller Esprit ich die Jugendlichen erlebt hatte. Jeder ging voller Freude nach dem Dreh seines Weges. Als ich bezahlte, sagte mir die junge Frau: „Ich hätte Ihnen gern noch viel länger die Haare geschnitten!“
Ein junger Praktikant kümmerte sich In unserer Schule um Yusuf unser größtes Sorgenkind. Er ist schon älter als die anderen Kinder, verzweifelt, manchmal sehr aggressiv, erschöpft, unglücklich. Er kam verletzt und traumatisiert aus Syrien. Yusuf zu unterrichten ist oft fast nicht möglich, obwohl er gut Deutsch gelernt hat und intelligent ist. Es ist schon ein Erfolg, wenn er die anderen Kinder nicht attackiert. Dann liegt sein Kopf mit geschlossenen Augen auf dem Tisch, manchmal für Stunden.
Der junge Praktikant kümmerte sich mit großer Empathie um den syrischen Jungen. Langsam geschah, was niemand für möglich gehalten hatte. Der Junge spürte, dass der Student Zeit, Geduld und Mitgefühl für ihn mitbrachte und seinen Schmerz genau verstand. So konnte er alles aus sich herausschreien: Die Gewalt in seiner Familie, seine Verlassenheit, all die Wut, Enttäuschung und Erschöpfung. Der Student hielt das mit ihm aus und ermutigte und tröstete ihn. Yusuf fing wieder an zu lernen und mit seinem „großen Freund“ herumzualbern. Beide kamen mir heute auf dem Flur entgegen. Das Kind war wie befreit und verwandelt. Er konnte endlich wieder lachen! Der Große und der Kleine gingen nebeneinander her in absoluter Vertrautheit. In ihren Blicken lag ein tiefer Friede. Der große Freund hatte dem kleinen Jungen helfen können, weil er selber viel Schmerz und Leid durchlebt hatte. In der Begleitung des Kindes entdeckte er, wofür er nun leben wollte.
„Lass Dich von der Not Deines Nächsten berühren!“ Das war heute wieder Motor für mich! Und das Schönste ist, wenn andere spüren, dass da „etwas Besonderes“ passiert, dass eben Gott am Werk ist! Eine Frau wurde heute ins Krankenhaus gebracht, sie erwartet ihr erstes Kind aufgrund verschiedener Umstände war klar: Es würde nicht leicht. Völlig panisch war sie, dass sie die Geburt nicht schaffen könne. Eine noch sehr junge Kollegin hatte sie aufgenommen und brauchte nun meine Hilfe. Die Angst der Frau war fast mit Händen greifbar. Angesprochen durch diese Not konnte ich sie abholen, beruhigen und stark werden lassen. Sie hat sich darauf eingelassen, konnte mir folgen und hat sich voller Vertrauen auf das große Abenteuer Geburt eingelassen….. und sie hat es geschafft! Das alleine ist schon ein großer Grund zur Freude, aber der Anruf der jungen Kollegin, mit der Frage: Was war das gerade? Wie machst Du das? – das hat mich genauso sehr gefreut!!!
Für meine Tochter stand ein Impftermin an. Da sie beim ersten Mal heftige Nebenwirkungen gezeigt hatte, war sie verständlicherweise sehr verunsichert. Unser Termin rückte näher. Trotz mehrfacher Erinnerungen verspätete sie sich immer mehr. Sie wurde abweisend und war hoch angespannt. Obwohl ich wusste, dass ihr Hinauszögern mit Angst zu tun hatte, wurde ich wütend. Irgendwann ließen wir unseren Frust mit voller Wucht aneinander aus. Türen flogen krachend zu.
Ich fühlte mich total erbärmlich. Dann hab ich all mein Elend im Gebet zu Jesus gebracht. Die Enttäuschung über meine eigene Reaktion aber blieb mir im Herzen. Im Auto war die Stimmung sehr angespannt. Wir kamen viel zu spät und erwarteten, weggeschickt zu werden. Aber alles kam ganz anders: Ein älterer Herr nahm uns freundlich und verständnisvoll in Empfang. Er sah mit einem Blick die Anspannung bei meinem Kind und kümmerte sich die ganze Zeit rührend um sie. Nach der Impfung konnte sie sich hinlegen, bekam etwas zu trinken und ihr Begleiter brachte sie mit viel Ruhe und Geduld auf andere Gedanken. Nebenwirkungen blieben aus. Der Ärger fiel plötzlich von uns ab. Dankbar verabschiedeten wir uns von unserem Engel des Alltags.
Auf der Rückfahrt ergab sich ein tiefes Gespräch voller Vertrauen, Liebe und Frieden. Zum Schluss äußerte meine Tochter den Wunsch: „Können wir nicht einen Umweg fahren? Einfach noch weiter fahren? Das würde ich mir jetzt wünschen.“ Ich war hundemüde und hatte noch viel Arbeit vor mir. Trotzdem habe ich es getan. Uns wurde noch eine Stunde tiefen Glücks geschenkt. Ich konnte Jesus einfach nur DANKE sagen, hatte er mir durch den warmherzigen Impfbegleiter genau das gegeben, worum ich ihn gebeten hatte.