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Wir helfen dem „lieben Gott!“

Ich arbeite in einem therapeutischen Beruf. Früh morgens kommt meine 8-jährige Tochter zum Kuscheln zu mir ins Bett und fragt: „Mama, macht dir eigentlich dein Beruf Spaß? Gefällt es dir den Menschen zu helfen?“ „Na klar, ich freue mich, wenn ich anderen helfen kann“, erwidere ich. „Dann hilfst du also dem lieben Gott! Der will ja, dass es uns Menschen gut geht!“ „Ja, das glaube ich auch“, antworte ich. „Und weißt du“, fährt sie fort, „wir Kinder helfen auch dem lieben Gott!“ „Wie und warum?“, frage ich nach. „Wir haben heute früh heimlich die Spülmaschine ausgeräumt, dann haben Papa und du mehr Zeit um den anderen Menschen zu helfen.“

Die Macht des Gebetes

„Er ist in Bachmut,“ lese ich in einer WhatsApp-Nachricht. „Ich habe ihn heute Morgen kontaktet und ihm gesagt, dass ich fest für ihn gebetet habe, denn ich musste in den letzten Tagen so oft an ihn denken. Und dann hat er geantwortet: Eine Granate sei in seiner Nähe eingeschlagen und er sei kurz vor der Detonation noch hinter eine sichere Mauer gesprungen. Von der Detonation habe ihn nur ein kleiner Splitter am Arm gestreift und geringfügig verletzt. Er habe gespürt, dass jemand für ihn gebetet habe und er beschützt worden sei.“ Ich frage nach seinem Namen. Stepan. Fortan gilt ihm auch mein Gebet.

„Tu bitte Deinen Teil!“

„Meine Schwester braucht dringend für sich und ihr Kind eine eigene Wohnung!“ hatte ich in einem Gespräch mitbekommen. Ihre Ehe stand auf der Kippe. Viel Geld war nicht da. Ich spürte die tiefe Not und Hilflosigkeit dieser jungen Menschen, denen das Leben schwer mitspielte. Mir kam der Impuls, „Gib ein Drittel der Mietkosten hinzu!“ Im Horchen auf meine innere Stimme wuchs die Gewissheit, es tun zu sollen. Tränen in den Augen meines Gegenübers. Als wir auseinandergingen betete ich zu Jesus: „Ich geb alles, was ich kann, an Kraft, Energie und Liebe! Tu Du bitte Deinen Teil und gib, was gebraucht wird!“ – Abends hatte ich vor einer kleinen Gruppe einen Vortrag zu halten über all die Aktivitäten von go4peace. Ich erzählte vom Evangelium, das uns Tag für Tag Quelle für unser Tun ist. „Ich bin so tief beeindruckt von dem, was ihr für die junge Generation unserer Zeit tut und wie ihr Räume für sie eröffnet!“ hörte ich nach dem Vortrag eine betagte Teilnehmerin sagen. Fast scheu steckte sie mir einen größeren Betrag in die Tasche. Zudem stellte eine andere Zuhörerin ein Körbchen auf einen Tisch. Als ich abends nach Hause fuhr, war ein Großteil des für die Mietkosten benötigten Geldes zusammen gekommen. Am Folgetag durfte ich einer sehr bewegenden Beerdigung vorstehen. Am Ende gab mir eine Mitfeiernde tief bewegt von dem Geschehen des Abschied-Nehmens genau den Betrag, der noch fehlte.

Eine Schlüssel-Erfahrung

Im Galopp des Tages hatte ich ein Nummernschild an einem Anhänger angebracht. Nach dieser Arbeit machte ich mich gleich an die nächsten Schritte. Dabei legte ich den Schlüssel des Anhängers unbedacht an einer ungewohnten Stelle ab. Als ich abends auf den nächsten Tag schaute, fiel mir ein, den Schlüssel zu brauchen. So wollte ich ihn mir für die Arbeit des Folgetages schon bereit legen. Doch am gewohnten Ort fand ich ihn nicht. Ich begann zu suchen. Ein junger Gast aus der Ukraine half mir dabei. Wir gingen alle Wege des Tages nochmals nach. Der Schlüssel war nicht zu finden. Die Frage: „Sollte ich ihn gar im Kasten des Anhängers gelassen haben?“ Bedrängte mich. Wir suchten nach Möglichkeiten den Kastenwagen zu öffnen. Nach viel Geduld gelang es unserem ukrainischen Gast mit einem Zufallsschlüssel den Kastenwagen zu öffnen. Doch zu meiner Verwunderung war der Schlüssen nicht im Wagen. Schon mehrfach hatten wir den heiligen Antonius um Hilfe gebeten. „Meinolf, wir machen weiter!“ sprach mir unser Gast Mut zu. Dieses Dran-Bleiben und diese Treue rührten mein Herz. Auf der Schwelle der Türe unseres Hauses stehend, kam mir unerwartet in den Sinn, was ich nach der Arbeit am Anhänger gemacht hatte. Ich bekam eine Ahnung, wo ich den Schlüssel hingelegt haben konnte. Das war der Durchbruch, nach über eineinhalb Stunden Suchens.

Nur ein Augen-Blick!

Wir waren uns während eines Kongresses nur kurz begegnet. Eine Kaffeepausenlänge hatten wir uns erkämpft. Darin hatte ich auf Nachfrage ein wenig von mir erzählt. Dann gesellte sich jemand zu uns, so dass ein persönlicher Austausch nicht länger möglich war. Ich spürte eine Trauer in meiner Seele, hatte ich doch eine Traurigkeit in den Augen meines Gegenübers gesehen. Am Ende der Tagung bliebe leider keine Zeit mehr. Ich spürte, wie der Augen-Blick in die Seele dieses Menschen mich begleitete. Auf dem Heimweg betete ich und empfahl ihn der erfinderischen und sorgenden Liebe Gottes. Als ich am nächsten Morgen schon früh aufwachte, war mein erster Gedanke, wieder für ihn zu beten. Während dieser Zeit dachte ich an die kurz vor uns liegende Fastenzeit. Mit jungen Menschen würden wir uns auf den Weg „Bridging people: 40 days – 40 opportunieties!“ machen. Ich spürte, welche Chance mir Jesus in dieser Zeit zuspielen würde. So schrieb ich eine WhatsApp, fragend, ob ich an einem der Fastenzeit-Sonntage vorbei schauen dürfe. Eine frohe Einladung war die Antwort. Gott ist am Werk.

Ich musste schmunzeln.

Ich hatte ein Gespräch mit meinem Chef. Leicht ist unsere Beziehung nicht, obwohl wir wirklich als Freunde auf dem Weg waren. Aber ich habe nicht locker gelassen, an die Kraft ehrlicher Liebe zu glauben. So habe ich bei verschiedenen Fragestellungen immer neu versucht, seine Sichtweise zu entdecken und vor allem eine Plattform für unseren Dialog zu finden. Am Ende spürte ich in meinem Herzen den tiefen Wunsch, ihm zu sagen, dass er geliebt ist. Ich musste schmunzeln, denn genau dieses Wort leben wir diesen Monat mit vielen jungen Leuten in ganz Europa. Ich war Gott sehr dankbar für die Momente des gemeinsamen Nachdenkens und der Erleuchtung.

Alles ist gut!

„In der vergangenen Nacht haben drei russische Raketen mein Heimatdorf getroffen!“ hörte ich beim Frühstück und ich schaute in die Augen eines jungen Menschen aus der Ukraine. Ich spürte meine eigene Hilflosigkeit angesichts dieser russischen Zerstörungswellen. Wie konnte die Flamme der Hoffnung auf Frieden an diesem Tag genährt werden, fragte ich mich. Ich entschied mich, mit unserem ukrainischen Gast einen Besuch in dem Jugendzentrum zu machen, wo vor 27 Jahren mit dem Aufbruch in das kriegszerstörte Bosnien und Herzegowina das Friedensnetzwerk go4peace begonnen hatte. Herzlich wurden wir dort bei einem Kaffee empfangen. Im doppelten Kreuzgang des alten Klosters sprach ich über das Symbol der Traubenträger in einem der Kapitelle. Zwei Wanderer sind dort dargestellt, die zwischen sich eine übergroße Weinrebe tragen. Die im Buch Numeri erzählte Geschichte ließ junge Menschen in eine offene Zukunft aufbrechen mit dem Dreiklang: „Habt Mut! Geht! Bringt Früchte mit!“  Genau diesen Mut spürte ich im Herzen dieses jungen Ukrainers. Wir gingen zur Kirche dieses Klosters und verbrachten dort ein paar Augenblicke im Gebet. Ein warmes Licht fiel durch ein Dachfenster von oben auf die Tabernakel-Stehle, die inmitten goldener Stäbe stand. Der verborgene Gott war in dieser Gegenwart auf einmal zu spüren. „Irgendwie habe ich in diesen Augenblicken im Gebet – trotz des Krieges – gespürt: Es ist alles gut – von ganz innen her kam diese Botschaft!“ Diese Worte fielen mir tief ins Herz. Dann fuhren wir weiter.

Eine WhatsApp voller Herzen!

Sie hatte mehrfach Pech bei der Führerscheinprüfung gehabt und war richtig enttäuscht und traurig. Als Flüchtling war es nicht leicht für sie gewesen und sie hatte sich sehr angestrengt. Ich konnte sie am Telefon kaum trösten. So fuhr ich am nächsten Tag zu ihr und ihrer Familie und brachte ihr einen kleinen Blumenstrauß. Beim Tee kam es zu einem lebendigen tiefen Gespräch. Beim Abschied, sagte mir ihr Mann: „Das hat sie wirklich gebraucht! Danke, dass Du immer so konkret bist!“ Zwei Tage später erhielt ich eine WhatsApp-Nachricht von ihr. Darin war sechs Mal ein kleines Herz zu finden. Die junge Frau schrieb: „Ich habe so viel von Euch lernen dürfen. Du hast ein Herz für jeden Menschen, egal aus welchem Land er kommt und welcher Religion er angehört. Das hat mich sehr berührt. Heute bat mich eine Frau aus dem Iran um 50 €. Ich habe sie ihr sofort geschickt. Danach war ich so froh, dass ich einem Menschen wirklich geholfen habe. Danke, dass Du da bist und uns dieses Leben gezeigt hast.“

Er ging auf sie zu!

„Dass Gebete erhört werden?!“So etwas passiert nicht in der realen Welt, nur weil ich gebetet und während des Gebetes geglaubt habe. Aber es passiert dann doch, und ist einfach nur unfassbar schön: Heute stand eine Gruppenarbeit in Kunst an. Plötzlich ging der Klassensprecher auf ein Mädchen zu, die es zu Hause sehr schwer hat. Der Junge bat sie, als einziges Mädchen, in seiner reinen Jungengruppe mitzuarbeiten. Das kam völlig überraschend. Die beiden haben sonst überhaupt nichts miteinander zu tun. Die 10jährige lädt selten jemand wegen ihrer Niedergeschlagenheit zu einer Gruppenarbeit ein. Die Kinder durften in einem anderen Raum arbeiten. Als ich nach einer Weile nach der Gruppe gesehen, habe ich meinen Augen zuerst nicht getraut: Das Mädchen hat seit Monaten das erste Mal wieder gelächelt!!! Sie hat sich total wohl gefühlt und Spaß mit den Jungs gehabt. Ihre Bilder waren faszinierend schön und voller Leben! Das war eine riesige Erleichterung und ein Wunder! Das pure Glück! 

Einer trage des anderen Last!

Über WhatsApp erreicht mich eine Sprachnachricht. Ich erfahre, dass ein betagter Mann seine letzte Lebensreise angetreten hat. Zugleich schwingt die Frage mit, ob ich noch einmal kommen könne. Ich baue meinen Tagesplan um und mache mich auf den Weg zu ihm. Eine Stunde Autofahrt. Als ich ankomme, ist die ganze Familie mit Kindern, Enkelkindern und Freund*innen versammelt. Als ich zu dem Mann in sein Zimmer gehe, schläft er. Wir beginnen mit der Familie einen Gottesdienst an seinem Bett zu feiern. Ich frage, ob ihm ein Bibelwort besonders wichtig gewesen sei?  „Einer trage des anderen Last!“ Ich hole meine Einkaufstasche, die ich mitgebracht habe. Auf ihr steht genau dieses Wort. Als ich frage, wie der Vater dieses Wort gelebt habe, erzählen viele ganz konkrete Erfahrungen. Uns ist, als würde sich der Himmel öffnen. Wir spüren, dass die Liebe, die er gelebt hat, lebendig unter uns erfahrbar ist. Er schläft, die Liebe bleibt. Ein Augenblick zwischen Himmel und Erde. In unseren Tränen leuchtet schon die Ewigkeit auf.

Bilder voller Leben

„Dass Gebete erhört werden? -so etwas passiert nicht in der realen Welt, nur weil ich gebetet und während des Gebetes geglaubt habe,“ denke ich häufig noch. Aber es passiert dann doch, und ist einfach nur unfassbar schön: „Ich bin Lehrerin und habe eine wunderbare 10jährige Schülerin, die es zu Hause sehr schwer hat und auch in der Schule keine Freunde gefunden hat. Sie ist oft sehr traurig! Heute stand eine Gruppenarbeit in Kunst an. Plötzlich ging der Klassensprecher auf die 10jährige zu und bat sie, als einziges Mädchen, in seiner reinen Jungengruppe mitzuarbeiten. Das kam völlig überraschend. Die beiden haben sonst überhaupt nichts miteinander zu tun. Die Kleine lädt selten jemand wegen ihrer Niedergeschlagenheit zu einer Gruppenarbeit ein. Die Kinder durften in einem anderen Raum arbeiten. Als ich nach einer Weile nach der Gruppe schaute, habe ich meinen Augen zuerst nicht getraut: Die Schülerin hat seit Monaten zum ersten Mal wieder gelächelt!!! Sie hat sich total wohl gefühlt und Spaß mit den Jungs gehabt. Ihre Bilder, die sie gemalt hatte, waren faszinierend schön und voller Leben! Das war eine riesige Erleichterung und ein Wunder! Das pure Glück! 

Gut vernetzt!

Sie litt sehr an den Folgen einer Operation. Ihr Bewegungsradius war eingeschränkt. Über Monate hatte sie gehofft. Es wurde immer deutlicher, dass sie ihrem Beruf in der Betreuung kleiner Kinder nicht mehr würde folgen können. Dann war es so weit, sie hatte gekündigt. Ihr Herz schien gebrochen. „Mit meinem Job habe ich gefühlt das letzte gegeben, was ich noch hatte. Ich konnte nur noch weinen!“ schrieb sie mir. Und dann fand sie in der Tageszeitung das Wort zum Sonntag, das ich verfasst hatte. Das Thema: „Du gehst nie allein! You never walk alone!“ Und sie fand das Tagesmotto: „Sag ja zu dem, was ist!“ Und kurze Zeit darauf schellte eine Nachbarin an ihrer Tür und überreichte ihr einen dicken Strauß Blumen. Sie schrieb: „Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Aber ich bin gut vernetzt!“

High5

Im vergangenen Sommer habe ich in einem go4peace-Camp einen Tanz-Workshop angeleitet. In meiner Gruppe waren auch einige Jugendliche aus der Ukraine. Einer der Jungen dieser Gruppe geht seinen Weg mit Down-Syndrom. Ihm hatte das Tanzen besonders Spaß gemacht. In der vergangenen Woche war ich mit meiner Mutter in der Stadt des Camps zum Tierarzt unterwegs. Da nur eine begrenzte Personenanzahl in die Praxis durfte, musste ich draußen warten. Ich vertrieb mir meine Zeit am Handy und war komplett darauf konzentriert. Auf einmal hörte ich: "Hallo!" und wer stand da vor mir?  Der junge Bursche mit Downsyndrom! Er strahlte mich an, wie nur er strahlen kann! Er hat sich so gefreut mich wiederzusehen und hat sich erstmal ein high5 von mit abgeholt. Das hat so viel Freude und Liebe in mein Herz gebracht! Wieder neu habe ich erleben dürfen: Gib und Dir wird gegeben werden! Du bekommst immer etwas zurück, wenn Du etwas gegeben hast!

Sie folgten dem Stern!

Mitten im Galopp des Tages erreicht mich eine Botschaft aus der Ukraine. „Wir haben wieder keinen Strom!“ kurze Zeit danach kommt ein Foto. Es zeigt einen Weihnachtsbaum mit einem leuchtenden Stern in der Spitze. „Dieser Stern hat uns heute, als es wieder dunkel wurde, eine tiefe Freude gebracht!“ Meine Gedanken gehen zurück. Ich hatte diesen Stern einer Studentin in der leidgeprüften Ukraine als Zeichen der Hoffnung in dunkeln Kriegszeiten geschickt. Dafür hatte ich noch eine Batterie-Halterung mit Batterien besorgt, damit er wirklich in energiearmen Zeiten leuchten konnte. Jetzt kam genau diese Botschaft zurück. Als ich sie teile, spüre ich, wie dieses Licht der Liebe tief in unseren Herzen leuchtet.

Gnade, einfach nur so!

„Und magst Du noch eine kleine Erfahrung der vergangenen Tage mit mir teilen?“ fragte ich eine junge Studentin am Ende eines Telefonates. Nach kurzem Nachdenken sagte sie: „Mach ich gern! Ich war vor ein paar Tagen mit meiner Schwester im Zug unterwegs. Kurz bevor wir aussteigen mussten, kam eine jüngere Bahnbedienstete mit einer Tasche vorbei und verteilte an die Fahrgäste kleine Süßigkeiten. ‚Einfach nur so?‘ fragten viele. Die Frau lächelte zurück: „Einfach nur so!“ Es war deutlich zu spüren, wie sehr sich das Klima in unserem Waggon veränderte.“ Es sind die kleinen Dinge, die das Leben so lebenswert machen. Einfach nur so!

Sie nahm meine Hand!

Ich brauche noch einmal Deine Hilfe, lese ich in einer WhatsApp-Nachricht. Eine junge Libanesin meldet sich. Ich kann mich noch gut an sie erinnern, aber unsere letzte Begegnung liegt Jahre zurück. Mit dem Fahrrad mache ich mich auf den Weg zu ihr. Sie hat mittlerweile eine kleine Tochter. Ihr Mann hat sie verlassen. Ganz allein muss sie mit dem Kind ihr Leben meistern. Sie erzählt mir von ihrer Ausbildung. In Bezug auf die erbetene Hilfe für ihre Ausbildung finden wir einen Weg, der sie froh macht.  Immer wieder habe ich während unseres Gespräches das Kind im Blick. Es wirkt stark retardiert. Die Mutter hat den gleichen Eindruck und ein Besuch bei einer Fachärztin ist schon ausgemacht. Ich beginne, dem Kind immer wieder einen kleinen Ball zuzurollen. Sie wird aufmerksam darauf und reagiert. Bisher schien sie in ihrer Welt eingeschlossen und reagierte kaum auf Impulse von außen. Nachdem der Ball mehrfach zwischen uns beiden hin und her gerollt war, kam sie auf einmal zu mir, nahm meine Hand und zog mich zu ihrem kleinen Puppenhaus. Dort haben wir noch ein wenig weiter gespielt. Ich sah das Strahlen der Mutter. „So was hat sie schon ganz lange nicht mehr gemacht!“ hörte ich sie sagen.  

Alles schien zerstört!

Sie hatte voller Hoffnung an einem Glaubenskurs teilgenommen. Und dann hatte sie erleben müssen, wie dieser Kurs für sie zu einer Last wurde. Viele ihrer Überzeugungen, mit denen sie lange gelebt hatte, waren ins Wanken gekommen. Sie hatte den Kurs abgebrochen. Dann hatte sie um ein Gespräch gebeten. „Ich hab immer geglaubt, dass Jesus leibhaft auferstanden ist. Und jetzt ist dieser Glaube zerstört worden. Ich bin total verunsichert!“ ließ sie mich wissen. Langsam tasteten wir uns an die Auferstehungs-Erfahrungen der ersten Zeuginnen und Zeugen im Evangelium heran, an Maria Magdalena, die nach dem Tod Jesu als erste erlebt hatte, dass Jesus in einer neuen Art und Weise mit ihr war. Auch die Emmaus-Jünger hatten auf ihrem Weg im vertrauensvollen Gespräch die gleichen Wirkungen erlebt, wie zu der Zeit, als sie mit Jesus in Galiläa und Judäa unterwegs gewesen waren. Die gleiche Freude, ein tiefes Verstehen und ein spürbarer Friede war ihnen geschenkt worden, genau wie auf den Wegen mit Jesus. So hatten sie verstanden, dass er auch jetzt – wenn auch nicht sichtbar -  ganz real da war. Er bewirkte das Gleiche, was er zu seinen Lebzeiten auf Erden bewirkt hatte. „Danke, danke, danke!“ entfuhr es meiner Gesprächspartnerin. Jetzt verstehe ich, dass ich neu auf meinen eigenen Alltag schauen darf, denn da will Jesus ja sein. Als wir uns verabschiedeten, schaute ich in die frohen Augen eines Menschen, der sich auf eine neue Entdeckungsreise machen wollte. Welche Geschenke uns der Auferstandene doch macht!

Ein Lichtblick für so viele!

Diese Woche habe ich begonnen, einer jungen aus Zentralasien geflüchteten Frau bei ihren schriftlichen Aufgaben für ihre Ausbildung zu helfen. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren Kindern in einer kleinen Wohnung. Heute Abend bin ich hundemüde, aber absolut glücklich. Ich darf erleben, wie sich diese tapfere junge Frau mit einer unglaublich belastenden Vergangenheit ohne eine einzige ruhige Ecke zum Arbeiten mit lebhaften, kleinen Kindern, mit ihrem Mann durchs Leben kämpft. Sie kann kaum 10 Minuten am Stück arbeiten und muss mit Ansprüchen in ihrer Ausbildung fertig werden, die in dieser Situation nur schwer zu bewältigen sind. Trotzdem geht sie immer liebevoll und geduldig mit ihren Kindern um. Diese junge Mutter ist so herzlich und rührend! Ich werde für diese Familie da sein. Die junge Frau wird ihre Ausbildung schaffen und als Pädagogin ein Lichtblick für viele Kinder sein!

Unerwartete Botschaft

Von einem Berufskolleg war angefragt worden, ob ein paar Video-Aufnahmen möglich wären, um go4peace vorzustellen. Neugierig hatte ich nachgefragt. Das Thema „Stütze“ sei ihnen – einer 4-köpfigen Studentengruppe - als Studienarbeit aufgegeben worden und sie hätten go4peace erlebt als eine Stütze für viele Menschen. So würden sie gern mit uns drehen. Ob das möglich sei? Gern hatte ich eingewilligt. Vor gut einem halben Jahr waren die Video-Aufnahmen gemacht worden. Dann wurde es ruhig um die jungen Leute. Für mich unerwartet kam zu Beginn des neuen Jahres die Information, die Sendung sei im Lokalfernsehen ausgestrahlt worden. Sie schickten mir den Link zu. Gespannt schaute ich mir die halbstündige Sendung mit 5 unterschiedlichen Beiträgen zum Thema „Stütze“ an. Ich war beeindruckt von der Arbeit der jungen Studierenden. Aus all dem aufgenommenen Material hatten sie mit viel Geschick die Botschaft von go4peace gut verstanden und zusammen gestellt. Dankbaren Herzens ließ ich sie das wissen.

Den Frieden leben. Und da sein.

Der erste Tag des neuen Jahres 2023 ist angebrochen. Noch ist es still. Eine Erkältung hat mich im Griff. Unten im Haus brennt noch immer das Licht von Bethlehem.  Es hat über die Jahreswende geleuchtet. Es will beschützt und geborgen sein, wie das Leben und der Friede. Ein leichter Windstoß schon bläst es aus. Die Sehnsucht, auch dieses Jahr mit vielen konkret für den Frieden in unserem Umfeld und in der Weite Europas zu leben erfüllt mein Herz – go4peace!
In einer WhatsApp-Nachricht lese ich ein Wort, angelehnt an Antoine de Saint-Exupéry: „Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Leute zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern wecke in ihnen die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“ In der Silvesternacht waren wir in einem Zoom-meeting mit jungen Leuten aus Albanien, Norwegen, Belgien, Slowenien, Deutschland und der Ukraine verbunden gewesen. Gelebte Nähe! Mehrere junge Leute aus der kriegsgebeutelten Ukraine hatten den brennenden Wunsch gehabt, mit uns zu sein. Aber wegen fehlender Stromversorgung oder fehlender Internetverbindung konnten sie nicht teilnehmen. Viele aus scheinbar sicheren Ländern Europas hätten dabei sein können, hatten sich jedoch entschuldigt. Sie feierten ihren Jahresübergang. Bei allem Verständnis hatte das mein Herz traurig gemacht. Wie sehr zählt doch in solchen schweren Stunden das einfache Zeichen des Daseins – oft ohne viele Worte! Es lässt verstehen: „Du bist nicht vergessen!“ Nach unserem Treffen schrieb ein junger Priester aus der Ukraine, der schon im neuen Jahr angekommen war: „Danke, dass ich das neue Jahr in dieser gelebten Verbundenheit begrüßen durfte. Das war sehr wichtig für mich!“
Zwei Jugendliche aus Armenien melden sich: „Dein Päckchen mit den beiden Logbüchern ist nach über drei Monaten bei uns angekommen. Welche Freude! Danke, dass Du uns nicht vergessen hast!“
In einem Buch von Ruth Pfau, einer bereits verstorbenen deutschen Lepraärztin in Pakistan und Afghanistan, hatte ich von einer Mail gelesen, die sie in den 90ger Jahren aus Bagdad erreicht hatte. Der Irak-Krieg war gerade ausgebrochen. Eine Gruppe junger Menschen hatte ihr aus Bagdad  „a simple message – eine ganz einfache Nachricht“ geschickt. Diese Jugendlichen halfen bereits seit längerer Zeit Familien in schwierigen Situationen und machten Krankenhausbesuche. Sie schrieben: „We wanted to let you know: we are peace and we are present!“ – „Wir möchten Euch wissen lassen: Wir leben für den Frieden und wir sind hier!“
Allein darum geht es: Den Frieden leben. Und da zu sein.