Die Tochter unserer Freunde wechselte wegen einer schweren Traumatisierung im letzten Jahr die Schule. Der Einstieg in die neue Schule gelang überhaupt nicht, denn die Vergangenheit holte sie immer wieder ein. Es folgten lange Krankheitsphasen. Nach mehreren niederschmetternden Erfahrungen fand das Mädchen in diesem Jahr noch einmal eine neue Schule. Der Start glückte zunächst. Aber schon nach wenigen Tagen wurde das Mädchen wieder krank, was die Familie verzweifeln ließ. Heute Morgen erzählte die Mutter uns aber sehr erleichtert, dass der Klassenlehrer des Mädchens sich überraschend gemeldet hatte. Er hatte die besorgten Eltern beruhigt und ihnen versichert, dass ihre Tochter ein großer Gewinn für alle sei, schnell Anschluss in der Klasse gefunden habe und man für Fehlzeiten unkomplizierte Lösungen finden könne. Er versicherte den Eltern, dass ihr Kind in jeder Hinsicht unterstützt werde. Nachdem sie zuvor immer wieder mit Gleichgültigkeit, Skrupellosigkeit und Härte konfrontiert worden waren, wurden unsere Freunde von der Warmherzigkeit und dem Mitgefühl dieses Lehrers sehr berührt. Sie hatten oft für ihre Tochter gebetet und jetzt eine Antwort durch ehrliche Nächstenliebe eines anderen Menschen erhalten, so dass die Gegenwart Gottes wirklich spürbar war.
Ein Gemeindemitglied erzählte mir von seinem Freund, der an einer Krebserkrankung leidet. Dieser ist Anfang 30 und kann offensichtlich mit dem christlichen Glauben nicht so viel anfangen, lehnte ihn bisweilen sogar ab. Als ich davon erfuhr, habe ich dem Gemeindemitglied versichert, dass ich für den Kranken beten würde. Nun vor kurzem hat sich dieses Gemeindemitglied getraut, seinem Bekannten davon zu erzählen, dass wir gemeinsam für ihn beten würden. Die Reaktion war nicht etwa ablehnend, sondern, ganz im Gegenteil, sehr erfreulich. Das Gemeindemitglied schrieb: “Er findet es mega, dass Sie und ich für ihn beten.” Der Erkrankte hat dadurch neue Hoffnung geschöpft im Kampf gegen seine Krebserkrankung.
Woche für Woche hatten wir uns über Zoom gehört und Anteil genommen an der schwierigen Situation in der Ukraine. Aus dieser Freundschaft waren vielfältige große Projekte entstanden, die wir durch Spendenaktionen von Deutschland aus unterstützen konnten. 6 Feldküchen waren aufgebaut worden und nun wuchs ein kleines Kinderdorf für 55 Waisenkinder. Erneut hörten wir uns am Telefon. Lange erzählte unser Mitbruder, wie er immer neu seine Rolle als Priester in dieser Zeit des Krieges finden konnte. Und wie geht es Dir persönlich, fragte ich am Ende unseres Meetings: „Ich habe durch Eure Freundschaft gelernt, was ich bisher nur aus Büchern kannte. Wenn wir über Zoom zusammen sind, dann spüre ich wirklich FAMILIE. Das ist viel mehr wert, als alles Geld, was natürlich auch in dieser Zeit sehr notwendig ist. Und dann bin ich ja ein Mensch, der immer lange plant. Aber das geht in diesen Zeiten des Krieges nur bedingt. So habe ich gelernt, immer im Augenblick zu leben und dann Gott das Ruder übernehmen zu lassen. Und das bringt meiner Seele Frieden – auch in Zeiten des Krieges!“
Eine Fortbildung zum Thema navi4life für Student*innen war in unserem Tiny House organisiert. Es hatte sich nur eine Teilnehmer*in angemeldet. „Und wenn es nur ein Gerechter ist, würdest du dann die Stadt Sodom verschonen?“ – Dieser abrahamitische Kuhhandel mit Gott kam mir in den Sinn. Ich rief die für die Fortbildung verantwortliche Person an und sagte ihr: „Auch für eine Person gestalten wir den Tag!“ Sie sagte zu. Am Vortag der Veranstaltung hörte ich: „Die einzige Teilnehmerin ist Corona positiv. Sie kann nicht kommen!“ Aber ich komme auf jeden Fall. Vier weitere Personen hatten wir kurzfristig noch begeistern können, doch auch von diesen vier sagte noch jemand wegen Corona wieder ab. Wir begannen den Tag. Es kam ein sehr lebendiger und tiefreichender Austausch unter uns in Gang. Mehr und mehr öffnete sich jeder. Die nachmittägliche Reflexion wurde ein highlight. „Für mich war es kein Fortbildungstag, es war ein Exerzitien-Tag. Ich bin Gott neu auf die Spur gekommen!“ - „Ich bin so froh, dass ich allein – und damit ohne eine Rollenerwartung - kommen konnte! Ich hab gespürt, wie sehr Gott mich liebt und mich in so vielem anspricht! Ich fahre mit einer großen Freude im Herzen wieder nach Hause!“ – Keine Person der avisierten Zielgruppe war gekommen. Es hatte sich eine unerwartet bunte Gruppe zusammen gefunden, die den Weg des navi4life innig mitgegangen war. Gott baut Kirche, durch seinen Geist. Du weißt nicht woher er kommt und wohin er (Dich) weht.
Mit diesem Motto war ich in den Tag gestartet. Nachmittags besuchte ich eine Veranstaltung, die im Rahmen der „interkulturellen Woche“ veranstaltet wurde. Ich traf manches bekannte Gesicht. Auf einer Bank saß eine Frau mit Kopftuch. Sie schien ein wenig verloren. Ich setzte mich zu ihr auf die Bank und begann vorsichtig ein Gespräch. Ich staunte, wie gut sie unsere Sprache gelernt hatte. Sie war vor drei Jahren als Kurdin in unser Land gekommen. Ein gleichaltriger Mann gesellte sich zu uns. Sie stellte ihn als ihren Mann vor. Er hatte lange Jahre in einem pädagogischen Beruf gearbeitet und hatte sich dann aufgrund seiner Nationalität versteckt halten müssen. Nun waren sie in Deutschland. Wir sprachen über eine Stunde miteinander. Am Ende des Gespräches sagte der Mann: „Wie schön, dass Sie mit uns so lange gesprochen haben. Unsere Herzen sind sich begegnet!“
Die Schülersprecher einer Realschule hatten mich eingeladen. Sie wollten etwas über die konkrete Situation und unsere Hilfsprojekte in der Ukraine erfahren. Zugleich wollten sie mir das Geld eines Benefiz-Laufes für eines dieser Spendenprojekte geben. Gebannt hörten sie alle zu und stellten Fragen. Sie baten mich, ein wenig von dem Friedensweg go4peace zu erzählen. U.a. sprach ich von einem Land im Südosten Europas, das mit „A“ beginne. Sofort meldete sich der jüngste der Klassensprecher und fragte. „Ist das Albanien?“ Als ich bejahte, strahlte er und ließ mich wissen: „Da komme ich nämlich her!“ Er war tief berührt, dass ich schon mehrmals in seinem Land war und viel seiner Heimat kannte. Ich spürte, wie sehr er sich geliebt fühlte. Als ich am Ende der Stunde noch kurz zu ihm ging und in seiner Muttersprache Danke / Falemenderit sagte, schaute er mich glücklich an. Dann ging er in die Pause.
Der Schwiegervater unserer Chefsekretärin, (wir haben ein recht enges Verhältnis) , ist zur Zeit in der Kurzzeitpflege an meinem Arbeitsort untergebracht, während sie und ihr Mann endlich ein paar Tage Urlaub haben. Sie kümmern sich schon seit 8 Jahren um den altgewordenen Vater. Ich hatte versprochen, mich an meinen beiden freien Abenden um den alten Mann zu kümmern und ihn in der Einrichtung zu besuchen. Heute war mein Tag so anstrengend, dass ich meine Zusage echt schon bereute. Zudem war ich gestern vor der Pflegeeinrichtung so unglücklich gestolpert. Aber ich hatte mein Wort gegeben…. Ich kam echt ins Grübeln und suchte eine Ausrede! Die fand ich nicht, und das heutige Motto lautete: Schenk Deine Nähe! Ertappt! Müde, aber treu habe ich mich nach meiner Arbeit auf den Weg gemacht. Jede Ampel war rot und ein Parkplatz war auch nicht so leicht zu finden. Aber, dran bleiben! Der alte Herr strahlte, als ich in sein Zimmer kam. Wir haben ganz viel erzählt, face-time mit der Familie gehabt und ganz viel gelacht. Ich bin doppelt so lange geblieben, wie ursprünglich geplant. Ganz glücklich haben wir uns verabschiedet und meine Energie war irgendwie wieder da…. Welche Kraft im Evangelium verborgen liegt, ich stehe immer wieder staunend davor!
Pilotphase des Projektes navi4life war geplant. An drei Tagen würden wir mit dem Tiny House vor der Gesamtschule unserer Stadt stehen. Wir brauchten für die out-door-Projektphase gutes, vor allem trockenes Wetter. Das Projekt lebt von dem außergewöhnlichen, einladenden Ambiente des Tiny Houses. An den ersten beiden Tagen lief alles – wetter- und projektmäßig – gut. Am Morgen des letzten Tages wurde ich morgens von einem Starkregen in meiner Stadt geweckt. Wie sollte nun alles werden? Würden wir alles ins Schulgebäude verlegen müssen? Darunter würde die Projekt-Dynamik sehr leiden. Ich schaute auf einige Wetter-Apps. Die Unsicherheit blieb. Ich spürte: Lass all diese Fragen auf Gott hin los und bitte IHN um das, was wir für diesen Tag brauchen. Es liegt in Seiner Hand. Dann schlief ich ein. Am frühen Morgen des Tages, als wir zur Schule aufbrachen, hatte sich der Regen gelegt. Einige Wolken, die über unserer Stadt hingen, brachten keinen Regen mehr. Es blieb trocken und wurde schließlich ein sonniger Tag. Die beiden Projekt-Gruppen, die wir betreuten, arbeiteten gut mit. Am Abend fiel ich mit einem tief dankbaren Herzen ins Bett.
Ich hatte einige Frauen aus der Ukraine mit großem künstlerischen Talent gebeten, eine große Europakarte auf die Wand unserer Zentrums zu malen. Gern hatten sie zugesagt. Wir hatten Farben und Pinsel besorgt. Nun sollte es losgehen. Mit meinem Laptop und einem Projektor warfen wir eine Europakarte an die Wand. Die beiden Künstlerinnen und ein Jugendlicher malten die Grenzlinien und die Ländernamen mit großer Genauigkeit nach. Ich hatte für diesen ersten Schritt eine Stunde eingeplant und es warteten noch viele Aufgaben auf mich. Nach zweieinhalb Stunden bat ich, den Laptop mitnehmen zu dürfen. Aber es zeigte sich, dass er noch weiterhin gebraucht würde. Damit konnte ich meine Arbeit nicht fortsetzen. „Jede Schwierigkeit eine Chance!“ dachte ich mir. Ich ging in einen Laden und kaufte Aprikosen und Erdbeeren. Ich richtete sie her und stellte sie im Zentrum auf den Tisch. Bald wurde Mittagspause gemacht. Dann ging die Arbeit weiter. Abends dankte ich einer der Künstlerinnen für ihre liebevolle und kompetente Art und Arbeit. Zu später Stunde erreichte mich noch eine Nachricht: „Danke für Deine warmen Worte, lieber Meinolf! Ich schätze es sehr, was Du alles für uns getan hast. Wir haben einen wunderbaren Tag in einer liebevoll freundlichen Atmosphäre verbracht!“
“Hi, ich habe schon bestanden!” So las ich in einer Kurzmitteilung eines jungen Mannes aus Eritrea, den ich schon seit Jahren begleite. Es war nicht immer leicht gewesen, denn er ist jemand, der sich manchmal für längere Zeit einfach zurückgezogen hatte. Er hatte sich manchmal mit seinem Leben schwer getan, nicht an sich geglaubt und somit schwierige Zeiten hinter sich. Immer jedoch hatte und habe ich den Kontakt zu ihm gesucht, versucht, ihn aus seinem Loch zu holen, ihm zugesprochen und ermutigt, weiterzugehen und nicht aufzugeben, sondern etwas aus sich zu machen, und die Möglichkeiten hier in Deutschland zu nutzen. Wie froh war ich, nun zu lesen, dass er die mündliche Abschlussprüfung bestanden hatte. In einem Telefonat erzählte er mir, dass er sie sogar mit zwei bestanden hatte, während er vorher die schriftliche Prüfung nicht bestanden hatte. Mit Schreiben und Lesen tut er sich nach wie vor schwer. Er war stolz darauf, so ein gutes Ergebnis erreicht zu haben. Und auch ich habe innerlich einen Luftsprung gemacht! Es war für mich eine große Freude zu sehen, dass all die investierten Gespräche und Stunden am Telefon sich doch gelohnt haben und eine tragfähige Beziehung zu dem jungen Mann entstanden war., die ihn jetzt so weit gebracht hatte. Ich musste an unser Monatsmotto denken und verstand neu, wie wichtig es ist: Nicht einsam, sondern gemeinsam!
Ich zog in eine neue Pfarrei. Als ich mich dem Ort näherte, versperrte ein Lastwagen, der Material ablud, den Weg. Ich war dicht an ihm dran, musste aber das halbe Auto auf den Bürgersteig fahren. Auf dem breiten Bürgersteig vor einem der Nachbarhäuser wusch jemand sein Auto. Er war ins Haus gegangen und ein Eimer Wasser stand mir im Weg. Ich stieg aus und schob den Eimer vorsichtig zur Seite. In diesem Moment kam der Mann aus dem Haus. Er sagte etwas zu mir, aber ich konnte es wegen des Lärms des Lastwagens nicht verstehen. Deshalb ging ich näher zu ihm und er sagte: "Ist das normal für Sie, auf dem Bürgersteig zu fahren?" Ich entgegnete, dass es mir Leid täte und dass mein Ziel nur ein paar Meter entfernt sei. Ich müsse zum Pfarrhaus. Ich hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als er mir ein sehr verletzendes Schimpfwort an den Kopf warf. Ich war schockiert. So eine hasserfüllte Reaktion! Außerdem hatte mir der Mann gesagt, ich solle von der anderen Seite in die Straße fahren. Aber ich kannte das alles noch nicht. Die bösen Worte, die ich gehört hatte, beschäftigten mein Herz. Ich kam in die neue Gemeinde und dann so ein Hass. Ich lud meine Sachen im Pfarrhaus ab. Da erinnerte ich mich an den morgendlichen Impuls von Meinolf: "Sprich die Sprache des Himmels!", die Sprache der Liebe. Ich fragte mich: "Willst du weiterhin den Schmerz im Herzen haben und immer noch an das Schlechte denken, oder willst du ihn in Liebe verwandeln?" Mir kam der Gedanke, dem Mann noch etwas Putzzeug für sein Auto zu schenken. (Aber insgeheim sagte ich mir: "Hoffentlich finde ich nichts.") Aber Gott nahm mich ernst. Ich fand Reinigungsmittel im Pfarrhaus und kehrte mit dem Auto zurück zu dem Mann. Ich hielt an. Unsicher schaute er mir entgegen. Er erwartete jetzt meine Abrechnung. Ich ging zu ihm und sagte: "Ich möchte mich bei Ihnen bedanken, dass Sie mir einen guten Rat gegeben haben. Es war wirklich möglich, von der anderen Seite in die Straße zu fahren." Er nickte verwirrt. Dann fragte ich ihn: "Kann ich Ihnen ein paar Sachen zum Waschen des Autos geben? Ich brauche sie nicht mehr." Ich reichte ihm die Schachtel. "Nein, nein, danke." Er nahm sie nicht an, aber ich hörte aus seinem Mund: "Danke!" Ich bin sicher, er wird nicht vergessen, dass jemand unverständlicherweise auf seinen Hass mit Liebe reagiert hat. Schließlich gab ich die Schachtel der Tochter einer alten Dame, die wir zufällig trafen, als wir ihre Mutter im Krankenhaus besuchten. Der Hass in meinem Herzen war nicht mehr da. Die Sprache der Liebe hatte gesiegt!
Nach unserem Sommer-Pfadfinderlager arbeitete ich wieder in einer Familie mit Pflegekindern. Dann passierte etwas Seltsames. Ich hatte ihren Hausschlüssel in deren Garten verloren und konnte ihn nicht mehr finden. Ich ging fast jeden Tag in den Garten und versuchte, ihn zu finden. In diesen Tagen passierte eine Menge Unvorhergesehenes in der Familie, und es war sehr gut, dass ich da war und helfen konnte. Ich betete zu Gott, dass er mir helfe, diesen Schlüssel wieder zu finden. Ich fühlte mich schuldig und verantwortlich für sein Verschwinden. Am dritten Tag der Suche (am Sonntag!) fand ich ihn endlich im Gras. Ich war so glücklich! Ich verstand, dass Gott mich in dieser Zeit in der Familie haben wollte, auch wenn meine Hauptabsicht darin bestand hatte, diesen Schlüssel zu finden.
Als ich in einer Klasse ein kleines Ritual eingeführt habe, wie man frei betet, kamen so viele Kinder mit ehrlichen und wichtigen Gedanken, die sie Gott sagen wollten, dass die Unterrichtszeit nicht reichte. Obwohl viele Familien mit Religion nichts zu tun haben, hatten die Kinder die unerschütterliche Gewissheit, dass Gott ihre Sorgen ernst nimmt, ihnen zuhört und sie liebt. Am gleichen Tag führten mich einige Kinder zu einem weinenden Jungen im Flur, der mir erzählte, dass er sich nach seinem Bruder sehnt, der tot ist und den er nie kennengelernt hat. Ich habe versucht ihm zu erklären, dass sein Bruder immer in Liebe ganz eng mit ihm verbunden ist und er ihn einmal im Himmel kennenlernen wird. Er hat nichts gesagt, nur zugehört und mich angesehen. In diesem Blick lag Hoffnung. Ich sah vor meinem inneren Auge die beiden Brüder aufeinander zulaufen und sich umarmen, und ich bin mir absolut sicher, dass es ganz genauso sein wird. Ich bin glücklich und dankbar, dass mir diese kostbaren Momente geschenkt worden sind.
Ich saß letzte Woche nach einem Schultermin am Ufer eines kleinen Flusses und wusste nicht wohin mit meinem Schmerz und meiner Angst. Mein Sohn ist immer noch krank und nächste Woche muss er Klausuren schreiben. Er ist aufgrund schwerer Erfahrungen zutiefst geplagt von Ängsten. Weiterhin ist mein kleines Patenkind aufgrund einer schweren familiären Situation so fertig mit der Welt, dass möglicherweise das Jugendamt zu Hilfe eilen muss, zumal eine anstehende Therapie noch Monate auf sich warten lässt. In solchen Augenblicken schaut’s sehr, sehr dunkel in mir aus. Aber wenn mich die Panik manchmal mit aller Kraft überkommt, lege ich sie in Jesu Hände und sie lässt wirklich nach. Es sind Hände mit Narben und merkwürdigerweise ist das tröstlich, weil er für uns durch dieses ganze unermessliche Leid gegangen ist und uns jetzt darin begegnet.
Nach einer Religionsstunde kam ein Mädchen zu mir, nachdem wir darüber gesprochen hatten, warum die Menschen von Jesus so begeistert waren und heute noch sind. Sie sagte: „Also, meine liebe Lehrerin! Weißt Du, Jesus ist echt der Beste überhaupt! Jetzt versteh ich endlich, wieso es überhaupt das Fach Religion gibt!“ – Als ich in das strahlende Gesicht des Mädchens schaute, dachte ich: „Mein Job ist echt ein Traum!“
Der Morgenimpuls am Fest Mariä Geburt war mir nachgegangen. Das Motto „Sei auf Empfang!“ war mir im Herzen geblieben. Ich traf zufällig eine junge Frau im Treppenhaus, grüßte sie und entschied mich, offen zu sein, falls noch etwas folgen sollte. Zunächst redeten wir über die Post, die wir erwarteten, dann sprach ich sie auf ihre frische große Narbe am Oberarm an. Daraufhin erzählte sie mir von ihrem Unfall vor wenigen Tagen. Ich merkte, wie gut es ihr tat, dass ich ihr anteilnehmend zuhörte. Bisher waren wir uns in dem Mehrparteienhaus noch nie so nahe gekommen. - Schön, dass "Maria-Sein" so schön sein kann!
Es war Feiertag. Eine innere Stimme ließ mich verstehen: „Bring die Kartoffeln und Zwiebeln, die Du am Erntedankfest geschenkt bekommen hast, noch zu einer ukrainischen Familie mit drei Kindern!“ So erntete ich noch schnell ein paar Äpfel und machte mich mit einem großen Karton Früchte auf meinem Fahrrad auf den Weg. Da ich den Nachnamen der Familie noch nicht kannte, musste ich mich im Haus durchfragen. Endlich fand ich sie. Als sie die Tür öffneten, war die Freude unbeschreiblich groß. Schnell baten sie mich herein, boten mir Pilze an, die sie eben noch gesucht hatten und verschiedenste Früchte, die sie eingemacht hatten. Und dann gab’s noch selbstgebackenes Brot und selbstgemachten Käse. Ich war ganz gerührt. Beim Blick in meine Früchtekiste füllten sich die Augen der jungen Mutter mit Tränen. Sie ließ mich verstehen: „Unsere Freunde waren heute Morgen bei uns. Sie hatten nicht mitbekommen, dass der dritte Oktober in Deutschland Feiertag ist und die Geschäfte geschlossen sind. Nun brauchten sie dringend Zwiebeln. Wir haben ihnen dann all unsere Zwiebeln gegeben, die wir noch hatten. Und jetzt bringst Du uns neue Zwiebeln. Gott sorgt sich immer um uns!“
Es war ein Tag, der schwer begonnen hatte. Ich hatte mit viel Kummer zu kämpfen. Ich bat Jesus um Trost und Hilfe, hatte in allem aber das Gefühl absoluter Hilflosigkeit. So fuhr ich zur Schule. Ein Kind voller Intensität und Energie kam auf mich zugelaufen. Vor zwei Jahren war die Kleine aus Afrika gekommen. Als Christen hatten sie dort schlimme Erfahrungen durchmachen müssen. Nun war die Kleine in ihrem neuen Umfeld total angekommen. Völlig unvermittelt fragte sie mich: „Liest Du eigentlich auch in der Bibel?“ Mit dieser Frage hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Als ich ihr erzählte, dass ich das das oft mache und gerade das Neue Testament noch einmal lese, rannte sie zu ihrem Platz und kam mit einem verzierten Notizbuch zurück. Darin hatte sie liebevoll in ihrer schönsten Schrift Bibelstellen aufgeschrieben. Als sie erfuhr, dass ich auch Bibelstellen aufschreibe, die mir viel bedeuten, strahlte sie mich vollkommen glücklich an. Wir beschlossen, dass ich sie ihr nächste Woche mitbringe und wir uns praktisch Gottes Wort gegenseitig schenken. Ich machte mit meinem Handy ein Foto ihrer Bibelstellen. Später las ich sie mir in Ruhe durch. Aus diesen Textstellen sprach so viel Trost, Liebe und Schutz Gottes, dass ich bis ins Innerste getroffen war. Es war, als ob Gott mein Gebet von heute Morgen durch die kleine Afrikanerin direkt beantworten würde. Ein Moment, in dem Ewigkeit anbrach.
Drei Stunden musste ich in der Notaufnahme eines Krankenhauses auf meine Mutter warten. Da es ihr nicht gut ging, spürte ich, wie traurig mein Herz war. Ich betete zu Jesus und fragte ihn, was jetzt dran sei. Da kam mir das Motto "Don't stop giving!" in den Sinn. Sofort habe ich auf all die anderen Menschen geschaut, die mit mir warteten. So versuchte ich Brücken zu bauen. Mit einem jüngeren Ehepaar entwickelte sich ein ganz schönes Gespräch und ich konnte ihnen viel über go4peace erzählen. Sie waren sehr berührt und haben sich, als sie gingen, noch zwei Mal für das Gespräch bedankt! Dann kam ein kleines Mädchen mit seinem Vater in die Notaufnahme. Es hatte sich den Arm gebrochen und weinte sehr. Auch der Vater war mit der Situation ein wenig überfordert. Der weinende Blick des Mädchens traf mein Herz. In dem Warte-Zimmer war ein Automat, mit dem Süßigkeiten zu kaufen waren. So hab ich dem Mädchen Schokolade gekauft. Dann bin ich zu ihr gegangen. Sie weinte bitterlich. Ganz vorsichtig habe ich sie gefragt, ob ich ihr etwas schenken dürfte. Sie schaute auf die Schokolade, dann in meine Augen und begann für einen kurzen Augenblick zu lächeln. Ich spürte, in diesen verweinten Augen hat mich Jesus angeschaut...
Als wir am Donnerstag, dem 24.2. erschüttert realisieren mussten, dass in der Ukraine Krieg begonnen hatte, war in dem Altenheim, in dem ich arbeite, eine Karnevalsfeier geplant. Aber daran war nicht zu denken. Die Stimmung im Haus war sehr bedrückt, eine Bewohnerin weinte und erinnerte sich an ihrer eigenen Kriegserfahrungen. Beim nächsten Dienst spürte ich eine Beklemmung in meiner Seele. So betete ich auf dem Weg zum Dienst, Gott möge mir helfen, ganz für jeden einzelnen Menschen da zu sein, um Hoffnung schenken zu können. Ich kam an und traf gleich auf zwei Mitarbeiter, die mit Tränen in den Augen von ihrer Erschütterung und ihren Ängste erzählten. „Was können wir nur für die Menschen in der Ukraine tun? Fragten sie sich und mich. Einige Bewohner, denen es sonst schwer fällt über vergangene Zeiten zu reden, erzählten von ihren eigenen Erlebnissen aus den Zeiten des Krieges und der Flucht. Ein junger Familienvater vertraute mir an, dass er als Reservist bei der Bundeswehr sei. Ihm gingen die Bilder von den Männern, die sich in der Ukraine von ihren Frauen und Kindern verabschieden mussten, besonders nah. Eine Kollegin kommt aus Russland. Sie wirkte sehr bedrückt. Ich sagte nicht viel, streckte meine Arme aus und wir umarmten uns eine ganze Minute lang. Dann sagten wir uns: „Wir beten für all diese Menschen, die unschuldig betroffen sind - in der Ukraine undin Russland. Als wir uns aus unserer Umarmung lösten, sagte sie mit Tränen in den Augen: Ich habe richtig Gänsehaut. Es tat so gut.