Ein junger Afghane, als Flüchtling mit seiner Frau und seinem Kind nach Deutschland gekommen, war schwer erkrankt. Ihm blieben nur noch wenige Wochen zu leben. Sein sehnlichster Wunsch war es, in seinem Heimatland zu sterben. Eine kleine Gruppe engagierter Flüchtlingshelfer nahmen sich seines Wunsches an. Sie sammelten Geld und organisierten den Rücktransport für den jungen Mann mit beeindruckender Hilfsbereitschaft. Eine Frau, ebenfalls aus Afghanistan stammend, fungierte u.a. als Dolmetscherin. Kurz vor dem Abflug fehlte es noch an passender, warmer Kleidung. So machte sich die Afghanin erneut mit einer freiwilligen Mitarbeiterin der Caritas auf den Weg, um das Notwendigste noch zu besorgen. Sie erschien in dem Laden, in dem meine Mutter arbeitet. Meine Mutter wußte um die Aktion, da in der Zeitung um Spenden geworben wurde. Der junge Mann brauchte Größe S, da er so abgemagert war. Passendes zu finden brauchte etwas Zeit. Als die beiden Frauen fündig geworden waren und zur Kasse kamen, gab meine Mutter den Einkaufenden noch Personalrabatt, was sonst nur den Familien der Angestellten vorbehalten ist. Als Familie hatten wir schon etwas für die Flugkosten gespendet, doch meine Mutter tat so viel sie konnte. Der Rabatt war finanziell gesehen nur eine Kleinigkeit, aber die beiden Einkäuferinnen freuten sich sehr über dieses Zeichen echter mitfühlender Menschlichkeit.
In unserer Nachbarschaft wohnt ein älteres Ehepaar. Der recht betagte Mann ist kein Hundefreund und so ist er auch mit unserem Hund nicht besonders gut „befreundet“. Beide mögen sich überhaupt nicht!
Über Nacht war viel Schnee gefallen. Ich begann den Weg vor unserem Haus frei zu räumen. Das Tages-Motto, das mich jeden Morgen über die onword_App erreicht, hatte ich im Herzen."Du bist dran - nicht verstecken!” Also habe ich weiter den Schnee weg geräumt, bis vor die Haustür unseres Nachbarn. Plötzlich ging sein Fenster auf und er rief, noch im Pyjama, völlig überrascht: “Frau Nachbarin, das ist aber nett von Ihnen!“ - „Mach ich doch gerne, ich war ja gerade dabei!“ war meine Antwort. „Ich streue auch noch ein wenig Salz auf den Weg, damit niemand fällt.“ - „Nein“ rief er zurück, „das mache ich schon und auch bei Ihnen.“ Er schloss das Fenster und öffnete es dann erneut: „Und noch ein schönes Wochenende!“ - „Danke gleichfalls!“ antwortete ich! Beide haben wir uns angestrahlt!
In den letzten Wochen hab ich mich intensiver nochmals mit dem Weltjugendtag und mit der Beichte beschäftigt. Da meine letzte gefühlt ewig her ist und ich bislang Angst vor der Beichte hatte, war die Hemmschwelle entsprechend hoch.. Mein Kopf sagte „Ich versteh, dass ich nicht tiefer fallen kann als in SEINE offenen, auf mich wartenden, liebenden Arme“, aber die Angst in meinem Herzen war größer. Selbst auf dem WJT hab ich mich nicht getraut. Kürzlich traf mich ein Wort unseres Studentenpfarrers während einer Messe besonders ins Herz: „Mein Joch ist leicht“. Abends las ich dann im WJT Pilgerheft „Trau dich! Der barmherzige Vater wartet auf dich!“ Das ermutigte mich. So ging ich zu einer naheliebenden Kirche, um zu beichten. Die Beichtzeit war nur für eine halbe Stunde angesetzt und die verpasste ich, da einige Leute – so dachte ich zumindest- mit mir vor dem Beichtstuhl warteten. Bis ich checkte, dass die alle zu einer Familie gehörten die kurz zuvor Taufe gefeiert hatten, war die Zeit schon vorbei. Geknickt ging ich wieder zurück in meine WG und schaute im Internet, ob es noch eine andere Gelegenheit gab. Die entdeckte ich dann für heute früh. Vor Aufregung und weil Jugendliche in einer Wohnung über uns fast die ganze Nacht Party hatten, konnte ich kaum schlafen. Aber in meinem Herzen war eine echte Freude über meinen festen Entschluss. In der Frühe des Tages schwang ich mich dann aufs Rad und merkte schon auf dem Weg: Ich bin bereit. Zusammen mit meinen WJT Pilgerheft wartete ich vor der Kapelle und sang eins meiner Lieblingslieder „Wo ich auch stehe“. Auch darin fand ich Ermutigung und alles geschah am Sonntag Gaudete, dem adventlichen Sonntag der Freude. Nach dem Beichtgespräch hatte ich den Eindruck: Fesseln sind von meinem Herzen abgefallen, Freiheit pur! Als ich abends zur Messe ging, hüpfte mein Herz vor Freude. Bin grad sooooooo glücklich!
Es wäre so schön gewesen, sitzen zu bleiben. Ich war froh, noch einen Platz in der Straßenbahn ergattert zu haben. Und dann sah ich diesen alten Mann, der gerade am anderen Ende der Bahn eingestiegen war. Der Fahrkarten-Automat schien ihm nicht geläufig zu sein. Immer wieder kam das, Geld, das er hineinwarf, wieder heraus. Alle Umstehenden schien das nicht zu interessieren. Sie waren mit ihren Smartphones beschäftigt.“ Oh, sollte ich aufstehen und durch die ganze Bahn gehen, um dem Mann zu helfen?“ Ehe ich anfing darüber nachzudenken, war ich schon auf dem Weg zu ihm. Ich half ihm, sein Ticket zu lösen. Als er es in der Hand hielt, hob er die Augen und ich schaute in zwei strahlend blaue, glückliche Augen. „Danke! Danke, dass Sie mir geholfen haben! Das war wirklich eine große Hilfe!“ Dieser Blick des alten Mannes und seine Freude trafen mein Herz. Und ich spürte, wie die Freude mein Herz erreichte. Als ich zu meinem Platz zurückging, lächelten mir zwei ältere Damen zu. Dieses Lächeln war ihr DANKE an mich, dass ich mich aufgemacht hatte, dem alten Mann zu helfen. – Im Augenblick den Schritten gelebter Liebe trauen! Hatte das nicht auch Josef gemacht, als er Ja gesagt hatte zu Maria und den Plänen Gottes mit ihnen?
In der Kirche hatte ich die Idee aufgeschnappt, mir einen Euro in die Tasche zu stecken und zu überlegen, bzw. wachsam zu sein, wem ich ihn schenken könnte, um wirklich Freude zu schenken. Mir fiel eine Familie ein, der ich schon längere Zeit ehrenamtlich ein wenig helfe.Ich rief sie an und teilte ein wenig Zeit mit ihnen. Wir tauschten Erfahrungen am Telefon aus, es war echt bereichernd. Nach dem Telefonat dachte ich: Nimm den Euro, kauf ein paar Linsen und koch der Familie eine Linsensuppe draus, denn ich wußte, wie sehr sie sie mögen. Mit der noch warmen Linsensuppe besuchte ich dann die Familie. Es war unvorstellbar, welche Freude ich mit dieser Suppe bei dem alten Ehepaar ausgelöst habe. Sie waren unendlich dankbar und total glücklich. So einfach kann man Menschen helfen und sie glücklich machen. Es muss halt nur von Herzen kommen.
Ich war richtig gestresst! Als Studentin im Ausland ist das Leben sowie so schon ein wenig anstrengender als für Muttersprachler. So hatte ich eine Prüfung nicht bestanden, obwohl ich mir sicher war, sie gepackt zu haben. Dann war eine junge Mutter krank geworden, die mich bat, an zwei Vormittagen, an denen ich eigentlich zur Uni hätte gehen müssen, auf ihre kleinen Kinder aufzupassen. Und die nächsten Prüfungen, für die ich noch dringend lernen musste, standen ebenfalls auf dem Programm. Mein Handi klingelte. Eine Studienfreundin, die sich mit der deutschen Sprache noch schwer tat, rief an. Sie fragte, ob ich ihr helfen könne, sich auf eine Prüfung vorzubereiten? In meinem Kopf ging alles drunter und drüber. Sollte ich noch mehr Zeit verlieren für andere? Was wollte Gott in diesem Augenblick von mir? - Die Liebe drängte mich, der Studienkollegin zuzusagen und mich mit ihr zu verabreden. So trafen wir uns samstags an der Uni und lernten geschlagene 4 Stunden. Am Ende war sie so glücklich und strahlte mich an. Immer wieder dankte sie mir, dass ich das für sie gemacht hatte. Sie wußte, dass ich selber auch noch viel zu lernen hatte. Ihre Freude fiel mir so tief ins Herz und blieb mir über das ganze Wochenende!
Seit Jahren lebte sie in unserem Land, hatte - als Flüchtling - die deutsche Sprache gut gelernt und sich liebevoll und vorbildlich als alleinerziehende Mutter um ihre Kinder gekümmert. Dann traf sie eine Botschaft, die ihr Leben neu aufwühlte. Ihre Mutter und ihre Schwester waren bei einem Bootsunglück auf der Flucht im Mittelmeer umgekommen. Ihr Bruder hatte überlebt, er war Zeuge des Unglücks gewesen und brachte diese Botschaft. Sie flog nach Griechenland und suchte auf kleinen Inseln Strände ab, in der Hoffnung ihre Lieben zu finden - vergeblich. Immer wieder teilte sie ihre hoffnungslose Situation und war froh über jeden Kontakt, der sie nicht verzweifeln ließ. Monate später bohrten Fragen in ihr. Gibt es einen Gott? Wer ist dieser Gott, dass er so schwere Lebenssituationen zuläßt? Und zu all dem die Not: “Ich habe meinen Kindern keinen Zugang zum Geheimnis Gottes eröffnen können, denn ich selber habe in meinem Heimatland nur schlechte Erfahrung mit einem strafenden Gottesbild gemacht. Und niemand hat mir geholfen, weiter zu kommen.” Später, in einem vertrauensvollen Gespräch erzählt sie: “Aber wenn ich Euch alle hier erlebe, wenn ich sehe, was ihr für andere macht und wie ihr Euch einsetzt, dann spüre ich, dass da etwas ist, was mich tieft anspricht und anzieht. Ich möchte das noch viel tiefer erleben und kennen lernen!” - Das Leben zieht an, wenn es zur Botschaft geworden ist. Setz Friedens-Zeichen!
Da wir in einem ärmeren ost-europäischen Land zu Hause sind, sind wir es gewohnt, mit unseren knappen Finanzen sorgsam umzugehen. So hatte ich mit meinem Mann frühzeitig einen preis-günstigen Flug nach Rom gebucht. Zugleich hatten wir entschieden, dass wir in den Tagen in Rom auch nach Assisi fahren. „Zufälliger-weise“ waren wir genau am Tag des Heiligen Franziskus – 04.10. – in Assisi. Vom Beginn der Reise an hatte ich den Eindruck, von Gott in diesen Tagen in besonderer Weise geleitet zu werden. So gelang es uns, am Festtag des Heiligen noch in eine völlig überfüllte Kirche zu gelangen und dort an einer ergreifenden Vesper teilzunehmen. Dann kam der Höhepunkt. Wir hatten geplant, nach Portiunkulla zu gehen, um dort die kleine Kirche, die Franziskus wieder aufgebaut hatte, zu besuchen. Als wir eintraten, spürte ich eine ganz große Nähe und Tiefe, die ich nicht erwartet hatte. Mir kamen Tränen. Ich merkte, wie sehr Gott mir nah war und mir seine Liebe zeigte. In diesem Augenblick kam mir meine Schwester in den Sinn, die seit vielen Jahren psychisch schwer erkrankt ist. Ich betete für sie und darum, dass ich die Geduld und Phantasie behielt, ihr weiter zu helfen auf ihrem Weg. Während ich betete, vibrierte mein Handi in der Tasche. Als ich später nachschaute, sah ich, dass eine „leere SMS“ von meiner Schwester gekommen war. Sie versteht es nicht, mit dem Handi eine SMS zu versenden, hatte folglich mit dem Handi gespielt und auf irgendeinen Knopf gedrückt, so dass mich eine „leere SMS“ von ihr erreichte. Ich war total gerührt und spürte, wie sehr Gott uns zusammen hielt. Er ließ mich verstehen, dass wir als Familie Kirche sind, die es immer wieder „aufzubauen“ gilt.
Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatte mich wegen einer nigerianischen Flüchtlingsfrau angerufen hatte, die schon kurz vor ihrem Entbindungstermin stand. Mittlerweile ist er geboren - 4 Kilo - ein prächtiger Junge! Alles war gut. Mit vielen Telefonaten hatte ich es geschafft, den älteren Sohn der Afrikanerin rechtzeitig in die Betreuung des Jugendamtes zu bringen. Nach der Geburt und einem Tag Erholung war es aber umso schwieriger, die junge Mutter mit ihrem Neugeborenen nach „Hause“ - ins Flüchtlingsheim - zu bekommen. Taxischeine gibt es nicht, Bus mit Säugling und Tasche aber ohne Kinderwagen oä geht nicht. Niemand fühlte sich zuständig! So habe ich in einem weitern Telefonat mit dem Jugendamt gesagt, dass ich die Frau mit dem Kind nach Hause bringen würde, wenn Mitarbeiter der Behörde wirklich den „großen“ 6 jährigen Sohn ins Wohnheim nach Kamen bringen. Schweigen war die Antwort. „Wie ? Sie holen die Frau ab?“ - „Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie gerade in einem fremden Land ein Kind geboren hätten und zum wiederholten Male die Unterkunft wechseln mussten und ihr anderes Kind in unbekannte Obhut geben müssten?“ war meine Gegenfrage. „Dass mir jemand hilft!“ war die Antwort. „Sehen Sie, und das tue ich. Und das wollen Sie doch auch, oder?“ Die Angerufene von der Stadtverwaltung hat es organisiert, dass am gleichen Nachmittag der ältere Sohn wieder in die Flüchtlingsunterkunft gebracht wurde!!! - An diesem Tag hätte ich vor Glück platzen können!”
Ich war mit einer Gruppe Studenten zu einem Sommer-Camp in Madagaskar. Und ich muss sagen: Ich hab mich dem Himmel noch nie so nah gefühlt. Ich liebe Gott so sehr ich kann, aber ich hab mich in den Tagen in Afrika als diejenige gefühlt, die immer beschenkt worden ist und die Afrikaner waren die, die uns ständig beschenkt haben. Ohne viel zu arbeiten, hab’ ich immer ganz viel bekommen. Für mich völlig unerwartet! Ich hab gelernt, dieses Geschenk so anzunehmen. Die Menschen auf diesem Kontinent - arm und reinen Herzens haben uns alle als Königinnen und Könige angeschaut und ich weiß gar nicht, wie wir das verdient haben! Das war ein ganz eigenartiges Gefühl: Du bekommst etwas, wofür Du Dich gar nicht würdig fühlst. Wir sind ja wirklich nicht mehr wert als sie, wir sind alles gleiche Menschen, Kinder einer großen Familie... Ich hab wirklich eine Menge gelernt und die schönste Erfahrung war, zu entdecken, wie die Welt ohne Uhr und High-Tech-Instrumente arbeitet... Ganz einfach. Auf viele Arten: glücklicher! Wie klein wir doch sind, ersetzbar als Nummern, aber wertvoll als Menschen. Ja, ich möchte mein Leben liebend leben, weil soooo viel Liebe in mich investiert ist.
Ich arbeite als Lehrerin an einer Grundschule. Vor wenigen Tagen kamen bei uns einige neue Flüchtlingskinder an. Vorbereitend hatten ich schon einige Male in verschiedenen Klassen darüber gesprochen, die neu angekommenen Jungen aus dem Irak mitspielen zu lassen Ich hatte mit den Kindern geübt, wie sie die Neuen durch Gesten einladen konnten. Aber in der Pause spielten die Flüchtlingskinder erneut alleine an den Spielgeräten. Ich versuchte ihnen verständlich zu machen, sie könnten doch mit den anderen Jungen Fußball spielen. Sie schauten auch immer wieder zu den Fußballspielern hinüber, trauten sich aber nicht, dorthin zu gehen. Da dachte ich, dann versuchen wir es umgekehrt! Ich lud die Kinder meiner Klasse ein, ihrerseits auf die Neuen zuzugehen. Sie waren sofort mit der Idee einverstanden, ihr geliebtes Fußballfeld zu verlassen und den noch fremden Jungen den Ball zu zuspielen. Es klappte! Aras, einer der jungen Irakis, kickte sofort zurück. Gemeinsam liefen die Jungen auf das Fußballfeld und begannen miteinander zu spielen. Nach einigen Augenblicken winkte mir Aras zaghaft. Ich verstand: Das war sein Danke!
Wir haben in der letzten Zeit einige Familien begleitet, die als Flüchtlinge in unser Land gekommen sind. Höhepunkt unserer Begegnungen war ein gemeinsames Kochen, in dem uns die Familien aus Syrien und Aserbaidschan ihre Kochkünste vorgeführt haben. Es war soooo lecker! Mittlerweile sind die Familien aus einer Sammelunterkunft in eigene Wohnungen gezogen. Die Kinder sind größten Teils im Kindergarten und in der Schule untergebracht. Die Erwachsenen nehmen an Deutsch- und Alphabetisierungskursen teil. Wir stehen weiterhin mit ihnen in gutem Kontakt. Am letzten Wochenende sind wir von zwei Familien zum Essen eingeladen worden. Am Samstag gab es syrisches und am Sonntag aserbaidschanisches Essen. Wir sahen den Menschen an, wie gut es ihnen tat, etwas zurück zu geben. Als wir uns verabschiedeten, sagte uns Jakob, einer der Flüchtlinge: “Mein Haus ist für immer auch Euer Haus. Meine Tür steht immer offenen für Euch!”
Meine Eltern haben vor einiger Zeit ein Ehepaar kennen gelernt, das einen schweren Schicksalsschlag erlitten hat. Der Mann hatte einen sehr schweren Schlaganfall und war danach lange Zeit im Krankenhaus an viele lebenserhaltende Geräte angeschlossen. Die Ärzte haben der Frau gesagt, dass sich der Zustand wahrscheinlich nicht verbessern wird. Diese Frau hat die Situation, so wie sie war, angenommen und war rund um die Uhr bei ihrem Mann im Krankenhaus. Sie hat viel mit ihm gesprochen, obwohl er keine Reaktion zeigte, hat bei ihm gebetet und war dabei nie schlecht gelaunt oder überfordert. Meine Eltern haben den Mann jeden Freitag besucht und mit seiner Frau zusammen gebetet. Nach einiger Zeit hat der Mann angefangen, mit den Augen zu reagieren, irgendwann konnte er dann auch wieder mit seinen Händen greifen und mit dem Kopf nicken und mittlerweile fängt er sogar an zu sprechen. Es hat eine enorme Verbesserung statt gefunden, an die die Ärzte nicht mehr geglaubt hatten. Die Frau ist natürlich überglücklich. Auch in den schwersten Stunden hat sie - gegründet im Vertrauen auf Gott - ihre Liebe geschenkt und Freude ausgestrahlt.
Ich war auf dem Weg zu einer Trauung. Auf dem Weg erreichte mich ein Anruf: “Eine junge Muslima hat im Internet den Film ‘be brother - be sister!’ gefunden. Sie ist so angerührt von der Botschaft dieses Filmes und möchte gern mit uns in Kontakt kommen. Sie wohnt in Berlin. Da ich gerade auf dem Weg in genau diese Stadt bin und selten dorthin fahre, hab ich den Eindruck: Du mußt ihr die Möglichkeit für ein kurzes Treffen anbieten. Wir erreichen uns. Ich bitte ihr an, mich spät abends, wenn ich mit den Brautleuten den Ablauf ihres Hochzeitstages abgesprochen habe, nochmals zu melden. Am nächsten Tag trafen wir uns an einem Bahnhof in der Nähe der Hauptstadt. Seit über drei Jahren studiert die junge Muslima in Berlin, ihre Wurzeln liegen in Albanien, aufgewachsen ist sie in einem aufstrebenden Land des Mittleren Ostens. Wir suchen uns ein Café. Wir beginnen, von einander zu erzählen. Ich schaue in die erwartungsvolle Augen einer jungen Frau, die unter einem schlichten Kopftuch hervorschauen. Ich erzähle von unserem Camp “go4peace in Europe” an dem junge Leute aus 27 verschiedenen Nationen und verschiedenster Überzeugungen teilgenommen hatten. Ich erzählte von der Performance “pieces4peace”, in dem zwei Kinder den key4peace gesucht und ihn in der Geschwisterlichkeit aller Menschen entdeckt hatten. “Oh, ich möchte dringend mit Euch in Kontakt bleiben, denn was Du erzählst ist auch zutiefst meine Überzeugung!” höre ich sie sagen. Unsere Zeit wird knapp. Ich lade sie ein, zu der ökumenischen Trauung zu bleiben. Sie willigt ein. Nach dem Gottesdienst sagt sie: “Das hat mich so sehr berührt, wie Du mit Deinem evangelischen Amts-Bruder gemeinsam diese Trauung gefeiert hast. Ihr wart wie Brüder und es war eine ganz tiefe Freude bei allen!” Ich lade sie ein, auch noch für eine Zeit an der Hochzeit teilzunehmen. Erneut willigt sie ein - ganz spontan. Als ich sie abends zum Bahnhof zurück bringe, hat sie noch eine Frage: “Weißt Du, viele Muslime glauben, ihr Christen glaubt an drei verschiedene Götter. Ich glaube das nicht, aber ich verstehe das mit der Dreifaltigkeit nicht. Kannst Du mir das erklären?” So stehe ich mit ihr auf einem Bahnhof, mitten im Osten unseres Landes, umflutet von Menschen, die diese junge Frau mit ihrem Kopftuch skeptisch anschauen und beginne ihr, das Geheimnis der Trinität ein wenig nahe zu bringen, beginnend mit der Erfahrung, dass der Mensch als einzelner nicht ganz vollständig ist, sondern dass wir einander brauchen. “Und wenn Menschen in der gegenseitige Liebe vereint sind, wenn sie echt alles füreinander bereit sind zu geben, dann geschieht unter ihnen etwas. Weißt Du, versuche ich ihr zu erklären, dann ereignet sich Gott in gewisser Weise unter uns. He happens!” Ich spüre, wie sich genau das ereignet hat, wovon ich behutsam gesprochen habe. ER unter uns, Brücken schlagend über alle Grenzen der Nation und Religion hinweg. Pfingsten!
Es ist Sonntag - Spätnachmittag. In der vergangnen Woche lernte ich eine Mutter mit ihrer Tochter kennen - in einem Café, das unsere Pfarrei für die Begegnung zwischen Flüchtlingen und Einheimischen anbietet. Die beiden kommen aus Albanien. Das Mädchen - 15-16 Jahre alt - hatte in den 9 Monaten ihres Aufenthaltes in Deutschland schon gut deutsch gelernt. Wir waren ins Gespräch gekommen. Ich erfuhr, dass auch der Vater und Bruder des Mädchens in unserer Stadt wohnten. Alle vier zusammen in einem Zimmer der städtischen Flüchtlings-Unterkünfte. Schnell war mir klar, dass diese Familie, aus einem sog. “Sicheren Herkunftsland” stammend, keine Bleibe-Perspektive in Deutschland hatte. Seither trug ich sie im Herzen. Ich rief sie an und lud sie auf ein sonntägliches Eis ein. Als ich sie mit dem Auto abholte, spürte ich ihre Freude. In einem Eis-Café kamen wir erneut ins Gespräch. Bescheiden hatten sie sich alle ein kleines Eis bestellt. Der Vater zeigte mir Fotos von den Behausungen in Albanien, aus denen sie kamen. Sie glichen verrußten Erdlöchern. Die Kinder - in einem kleinen Dorf in der Nähe der albanischen Hauptstadt wohnhaft - waren jeden Tag zur Schule nach Tirana gegangen. Sie hatten echten “Hunger auf Schule”. Trotz der so hoffnungslosen Situation in ihrer Heimat, versuchte ich den vieren klar zu machen, dass ihre Zukunft in Albanien liegen würde. “Aber wißt ihr”, sagte ich ihnen, “wir sind uns nicht umsonst begegnet! Wir müssen jetzt hier schauen, auf welchem Weg wir Euch in Albanien unterstützen können!” Wir sprachen über ein bilinguales Gymnasium in Tirana. Langsam erhellten sich die Gesichter der Familie. Ich sah, wie sie Hoffnung schöpften und verstanden, dass sie die Zeit in Deutschland nutzen mußten, um gut die deutsche Sprache zu lernen und dann damit in ihrer Heimat einen guten Schulabschluss zu erlangen. Dann würden ihnen auch neue Wege offen stehen! Auf einmal ergriff die 16-jährige Tochter das Wort und sagte mir: “Wissen Sie, egal, ob aus all diesen Ideen, die wir jetzt gesponnen haben, etwas wird oder nicht. Danke, dass wir zusammen sein können. Sie haben uns angeschaut und sie haben nicht weggeschaut. Sie haben uns Ihre Zeit und Ihre Liebe geschenkt! Das ist weit mehr wert, als alles andere!” Spät abends schrieb ich noch einen langen Brief an eine Organisation, die im caritativen Bereich tätig ist und bat um Hilfe für die Schulausbildung der Kinder in Albanien. Denn ich bin mir sicher: Die Liebe findet immer einen Weg!
Mit einigen Engagierten in der Flüchtlingsarbeit kam ich Sonntagvormittags zu einer großen Flüchtlings-Unterkunft in unserer Stadt. Ein Jugendlicher namens Muhamad wartete schon auf uns und wollte uns beim Besuch eines Sonntags-Cafés - für Flüchtlinge organisiert - begleiten. Wir waren jedoch mit weitaus mehr Flüchtlingen verabredet. So lief der Junge, der ein wenig Englisch sprach, nochmals in die Privaträume, um die anderen zu holen. Eine kleine Karawane von ca. 30 Kindern, Frauen und Männern fand sich zusammen und zog gemeinsam zum Café. Dort ergab sich ein Termin für einen hilfsbedürftigen tauben Jungen aus Syrien und ein Dolmetscher fand sich auch bereit. Eine Lehrerin bot an, einige der Flüchtlinge noch in einem Sprachkurs unterzubringen und das in einer Grundschule in unmittelbarer Nähe zur Unterkunft der Flüchtlinge. Ich hatte den Eindruck: Ein Anderer ist am Werk und lenkt! An diesem Morgen hatte ich mich entschieden - entgegen meiner sonstigen Gewohnheit - nicht zum Gottesdienst zu gehen, sondern mit den Flüchtlingen zu sein. Unser Motto “Be brother - be sister!” hatte mich dazu gedrängt. Was mir blieb, war eine tiefe Freude darüber, was alles in diesen Stunden geschehen war.
Mit einer kleinen Gruppe war ich nach Taizé gefahren. Für mich ist das ein Ort, an dem ich auftanken und Gottes Nähe neu erleben kann. Nach einem Vortrag von frère Alois sang ein Flüchtlingsmädchen aus Syrien in meinem Alter ein selbstgeschriebenes Lied auf Arabisch in der großen Kirche. Vor der Kirche standen in diesen Augenblicken 10 voll ausgerüstete Soldaten des französischen Militärs, um die Jugendlichen zu beschützen. Für mich hatte dieser Moment eine starke Relevanz. Ich saß in einer Kirche voller junger Menschen, hörte Klänge wie ich sie sonst nur aus Moscheen kenne und wir waren umgeben von Soldaten. Sie halfen, dass wir einander unser Bruder- und Schwester-Sein zeigen und leben konnten.
Na auf einen Kaffee würde die Zeit noch reichen! Also lud ich Thorsten, John und Joy nach der Messe noch in eine kleine Bäckerei ein. Wir saßen an einem der kleinen Tische und bestellten Kaffee. Nach dreijährigem - oft bangem - Warten und vielfältigsten psychologischen Begleitungen aufgrund erlittener Folter im Heimatland, hatten die beiden tamilischen Brüder in der vergangenen Woche einen positiven Asyl-Bescheid bekommen. Den wollten wir mit dem Kaffee gebührend begehen. Sie begannen zu erzählen. Nach all dem erlittenen Leid und nach den - auch in Deutschland - durchgestandenen Ängsten, spürte ich echte Erleichterung und tiefe Freude bei den beiden, besser bei uns allen. Thorsten ging den Weg der beiden schon längere Zeit in beeindruckender Weise als Pate mit. “He is our best friend - all over the world!” sagten John und Joy. “ Er lebt, was Jesus uns gesagt hat. Immer, wenn wir nicht mehr weiter wußten, wenn wir vor Angst oft am Ende waren und nur noch geweint haben, ist er gekommen und war einfach mit uns! Er hat uns getröstet und Mut gemacht.” durfte ich hören. Und ich wußte um die unendlich vielen Telefonate, die Wege zu Behörden und zu Ärzten, und die viele Zeit, die er “einfach” mit den beiden geteilt hatte. Was für ein Zeichen der Hoffnung - mitten im Strom der vielen Flüchtlinge. In diesen Augenblicken durfte ich spüren, wie bedeutsam diese Flüchtlinge für uns waren und sind. Ich hatte den einen der beiden Brüder beim Beten in unserer Kirche kennen gelernt. Fast täglich kam und kommt er, um zu beten. Allein durch das Da-Sein der beiden, war “ihr Pate” und viele andere herausgefordert worden, sich einzusetzen und zu helfen - biblisch gesprochen: zu lieben. Beide Seiten waren dadurch zueinander aufgebrochen und im Miteinander neu geworden. Ich durfte in diesen Augenblicken - am Kaffee-Tisch sitzend - erleben, wie hier eine kleine Zelle der Kirche, “eine Insel göttlicher Anwesenheit” lebte und ich sagte den beiden: “Durch Euch verstehe ich tiefer, dass Gott Euch zu uns ins ‘alten Europa’ geschickt hat, damit durch Euch unsere Kirche aus ihren alten Lebensgewohnheiten und Engherzigkeiten herausgerufen wird und sich erneuert! Wir brauchen einander!” Ich schaute in Augen, die sich mit Tränen füllten und spürte in meinem eigenen Herzen, wie sehr ich angerührt war. “Brannte uns nicht das Herz, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn - durch die Schrift - erschloß?” kam mir in den Sinn. Entdeckung mitten in der Bäckerei. Nach zwei Stunden waren unsere Tassen leer und unsere Herzen mehr als erfüllt.
Drei Gäste aus einem osteuropäischen Land hatte ich zu Gast. Ich holte sie am Flughafen ab. Schon nach wenigen Minuten waren wir beim Thema “Flüchtlinge”. Meine drei Gesprächspartner hatten sich in meinem Wagen in eine Reihe gesetzt. Sofort begannen sie - hinter mir sitzend - zu begründen, warum ihr Land keine Flüchtlinge aufnehmen könne und dass ja auch niemand in ihr Land wolle, da sie ja doch alle nach Deutschland wollten. In mir kochte es. Die Mottos der vergangenen Monate kamen mir in den Sinn: “Sei aufmerksam für den Frieden!” und: “Sei fair!” Ich hörte den Dreien aufmerksam zu und versuchte mit viel Verständnis für ihre Situation zu reagieren. Nachmittags ergab sich ein freies Zeitfenster. Ich fragte die drei Jugendlichen, ob sie mit mir einige Flüchtlinge besuchen wollten. Sie willigten ein. Wir kamen in eine Flüchtlingsunterkunft und besuchten einen jungen Mann aus Ghana und einen Familienvater aus Palästina, der lange Zeit in einem Camp in Damaskus gewesen war. Die beiden empfingen uns mit einer außergewöhnlichen Herzlichkeit. Dennoch waren die drei Osteuropäer sehr, sehr scheu und reagierten fast verängstigt. Leckeres Essen wurde aufgetischt. Ich begann zu scherzen. Wir aßen gemeinsam. Mehr und mehr wuchs Vertrauen. Dann lud ich den Afrikaner ein, von seiner Geschichte zu erzählen. Seine Mutter war gestorben, als er 4 Jahre alt war, sein Vater war vor kurzer Zeit von einem anderen Stamm getötet worden. So mußte er fliehen, zunächst an die Elfenbeinküste, dann nach Lybien. Auch dort konnte er nicht bleiben, jetzt war er über das Mittelmeer nach Europa gekommen. Er erzählte, wie sehr er diesen Weg mit Jesus gemacht und sich von ihm getragen gefühlt hatte. Dann begann Yunis, der Palästinenser. Er hatte seine Frau und seine drei Kinder zurück gelassen und litt unsäglich darunter. Mit Tränen in den Augen erzählte er. In all diesem Leid war unter den beiden Flüchtlingen über alle Grenzen hinweg eine tiefe Freundschaft gewachsen. Daran ließen sie uns teilhaben. Abends fragte ich die drei jungen Leute, wie der Tag für sie gewesen sei. Einer antwortete: “Es war die stärkste Katechese meines Lebens! In meinem Land werden durch die Medien nur schlimme Dinge über die Flüchtlinge verbreitet. Heute habe ich zwei Menschen erlebt, mit ihrer Geschichte. Ich kenne ihre Namen. Ich werde von jetzt an anders über die Flüchtlinge denken und von ihnen erzählen.”
Seit einigen Monaten arbeite ich als “Au pair” in einer Familie mit drei kleinen Kindern. Zu meinen Aufgaben gehört es, mich jeden morgen mit den drei Kindern - das Kleinste ist noch im Kinderwagen - auf den Weg zum Kindergarten zu machen. Dabei muss ich immer mit der Straßenbahn fahren. Vor einigen Tagen kam ich gerade auf den Bahnsteig, schob den Wagen und hatte die zwei anderen an der Hand, als die Tram mir vor der Nase wegfuhr. Die Zugführerin hatte mich, kommen sehen, war aber dennoch losgefahren. Über so viel fehlendes Mitgefühl war ich total enttäuscht. In mir kochte es. Ich drohte zu explodieren, mußte mich aber gleichzeitig um die drei Kleinen kümmern.
In dieser Situation kam eine alte Frau auf mich zu. Sie war stark sehbehindert und fragte, ob ich ihr helfen könne. Im ersten Augenblick wollte ich sie abweisen. Aber aus irgendeinem Grund hab ich mich entschieden, ihr dennoch zu helfen. Sie gab mir Geld, so dass ich ihr ein Ticket kaufen konnte. Als ich es ihr aushändigte, schaute sie mich an und sagte: “Sie haben ein so freundliches Wesen. Danke, dass sie mir sofort geholfen haben, obwohl sie die drei Kinder bei sich hatten.” Und dann reichte sie mir einen 5-€-Schein und bat mich, ihn zu nehmen. Ich war total perplex und verwundert. Auf einmal war mein Groll verfolgen. Diese Begegnung begleitete mich den ganzen Tag und mein Herz war wieder froh.