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Plötzlich und unerwartet

Sie war aufgestanden und aus dem Haus gegangen – völlig unerwartet. Dann hatte sie sich in einen nahen Fluss gestürzt. Als sie gefunden wurde, kam jede Hoffnung zu spät. Ich saß bei ihrem Mann – beide schon über 80 Jahre alt. Fassungslosigkeit und Verzweiflung im Raum. Wir sprachen lange und bereiteten miteinander die Beerdigung seiner Frau vor. Er kam aus einem südlichen Land und fühlte sich jetzt – trotz vieler Freundschaften – sehr allein.

Der Tage der Beerdigung war gekommen. Wir trafen uns auf dem Friedhof. Ich war schon früh hin gefahren, um jeden einzelnen zu begrüßen und ein Klima der Familie aufzubauen. Trotz des Schweren und Unsagbaren, war viel ehrliche Nähe und Empathie zu spüren. Der Beerdigungsritus half uns, diese Minuten zu leben und zu gestalten. Es gelang – trotz des lastenden Dunkels – mehrmals zu lachen. Am Ende des Ritus hielten wir zu einer Arie von Andrea Bocelli noch ein paar Augenblicke dankbarer Stille. Plötzlich stand der Ehemann der Verstorbenen auf und ging an den Sarg. Er fasste ihn mit beiden Händen an und schüttelte ihn voller Verzweiflung. Er wollte seine Frau nicht gehen lassen. Zu frisch war alles. Ich ging zu dem alten Mann und legte behutsam meinen Arm um ihn. Ich spürte sein Zittern und Beben. Er weinte bitterlich. Ich drückte ihn fest an mich heran. 4 Minuten dauerte die Arie – eine Ewigkeit. Kurz vor ihrem Ende drehte er sich mir zu, schaute mich an und sagte: „Danke, dass Du jetzt für mich da bist!“ Es war einen Tag vor Weihnachten. Ich begriff das Weihnachtsgeheimnis neu: Gott bittet in dem wehrlosen Kind um unsere Nähe. Und wenn wir sie ihm in jedem auf Hilfe angewiesenen Menschen schenken, sagte er, der verborgene Gott: „Danke, dass Du jetzt für mich da bist!“

"Weihnachten pur"

Am Heiligen Abend waren wir unterwegs, um Flüchtlings-Kindern ein Geschenk zu bringen. Wir klopften an eine Tür. Wir erwarteten eine Familie aus Nigeria. Sie war nicht mehr da. Hingegen schauten wir in die Augen eines verängstigten jungen Paares. Ein kleines Kind weinte auf den Armen seiner Mutter. Der Raum - nackt und kahl: zwei Betten aus Stahlrohr, zwei Stühle, ein kleiner Tisch, ein Kühlschrank und ein Schrank. Die Verständigung gelang nur mit Hilfe eines Dolmetschers. Sie kamen aus Georgien. Ohne Worte fragte uns hier "jemand": Kannst Du mir helfen? - Kurz vor dem Weihnachts-Gottesdienst konnten wir noch ein Kinderbett, Spielzeug, Bekleidung, einen Teppich und etwas zu Essen besorgen. Als wir zum zweiten Mal in die Flüchtlings-Herberge kamen, mit allen nützlichen Dingen beladen und der Familie neben den Dingen unser Lächeln schenkten, kehrte ein tiefer Friede in das kleine Zimmer ein. Es war Weihnachten.

Gottes "originelle Antwort"

Drei meiner Mitbrüder, mit denen ich mich regelmäßig getroffen hab, waren im Lauf einer kurzen Zeitspanne gestorben. Das war und ist ein gewaltiger Schmerz, der sehr an mir nagt. Auf einmal fehlt mir das regelmäßige Treffen, bei dem ich immer neu Jesus in unserer Mitte erfahren durfte. Wie sollte ich weiter meinen Weg gehen? „Für Gott ist nichts unmöglich!“ Auf originelle Weise gab er Antwort. Ich war zu einigen Tagen Erholung zu einem weiter entfernt lebenden Mitbruder gefahren. Uns kam die Idee, einen franziskanischen Bruder zu besuchen, der durch einen schweren Auto-Unfall seit Jahren ständig Schmerzen hat. Er ist in eine tiefe Verbundenheit mit Jesus in seiner Verlassenheit hinein geführt worden – ein echter Experte. Ein sehr brüderliches Gespräch entspann sich. Zwei seiner Sätze trafen meine Seele sehr: „Wenn du treu den Augenblick mit Jesus dem Verlassenen lebst, bist ganz verbunden mit allen, egal ob Brüder da sind oder nicht!“ Und: „Die Stille ist die Sprache Gottes!“ Das berührte mich zutiefst, zumal ich Anbetung in Stille liebe und suche und alle BewohnerInnen des Altenheimes mit in dieses Gebet hinein nehme. Dann weiß ich mich immer neu verbunden als Fröhlicher mit den Fröhlichen und als Weinender mit den Weinenden. Als wir fuhren, spürte ich einen tiefen Frieden in meiner Seele.

Dankbarkeit

Heut hab ich über meinen Weg mit go4peace nachgedacht und mir ist klar geworden, wie bedeutsam für mich die jährlichen Sommer-Treffen in den Camps und die darin gewachsene Verbundenheit darüber hinaus sind. Während der Tage im Camp ist alles sehr intensiv, das Beten, die Verbundenheit untereinander, das Erleben der Worte Gottes… aber dieses Feuer bleibt auch während des Jahres am Brennen.
Ich bekomme in den Camps immer Energie geschenkt, die ich in mir berge und dann nach den Camps einsetze. Das gemeinsame Leben in den Camps ist so wunderbar, aber die wirklichen Herausforderungen, das Leben des Evangeliums voranzubringen, kommen dann nach der gemeinsamen Zeit in den Camps. Die geschenkte positive Energie hilft mir auf diesem Weg in meinem Alltag. Deshalb bin ich so dankbar für alles, was ihr für mich und für uns junge Leute in Europa tut. Wir brauchen das wirklich für unser Leben!

Das Motto kam zur rechten Zeit!

Wir hatten uns sehr auf das Wochenende und eine geplante Fahrradtour gefreut. So hatten wir uns früh auf den Weg gemacht und einen wunderbaren Tag verbracht. Als wir wieder bei unserem Auto waren, kam mir ein Onkel in den Sinn, der nicht weit entfernt von unserem Zielort wohnte. Er hatte uns in jungen Jahren viel geholfen und litt jetzt sehr darunter, seine Frau in ein Haus für demenzkranke Menschen abgegeben haben zu müssen. Täglich besuchte er seine Frau. Mir kam die Frage in den Sinn: Sollten wir ihn noch kurz besuchen? Zugleich spürte ich meine begrenzten Kraft-Reserven. Wir sprachen über die Idee und waren einer abschlägigen Antwort nahe. In diesem Augenblick erreichte uns per SMS das Tagesmotto: „Jetzt oder nie!“ Spontan entschieden wir: „Wir machen den Besuch!“ Beim zweiten Anlauf öffnete mein Onkel die Tür. Eine große Freude sprach vom ersten Augenblick der Begegnung aus seinem Gesicht. Wir blieben eine knappe Stunde und fanden in einen tiefen ehrlichen erfrischenden Austausch. Freude, Leid und viel Dankbarkeit hatten Platz in diesem Gespräch. Wenige Tage nach dem Besuch erreichte uns die Nachricht, dass die Frau meines Onkels gestorben war. Wie gut dass wir ihn noch besucht hatten.

Am Ende wird nur Liebe sein!

Über 80 ältere Ordensschwestern hatten mir versprochen für unser Netzwerk go4peace zu beten. Jeden Donnerstagabend taten sie es gemeinsam und in den oft langen schlaflosen Nächten verschenkte so manche der Schwestern ihre ganze Liebe – betend und wachend. Dieses Zeugnis ihres Lebens hatte mich sehr angerührt; so war ich in ihr Kloster gefahren, um ihnen von all den lebendigen Entwicklungen in den Herzen vieler Jugendlicher aus ganz Europa zu erzählen. Begeistert und voller Dankbarkeit waren sie in ihrer Aufmerksamkeit mitgegangen. „Was ist das für ein Geschenk, dass wir für all diese jungen Leute leben und beten dürfen! Ich bin so dankbar und spüre die Verbundenheit mit ihnen!“ reagierte eine über 90-Jahre alte Schwester.

Nach dem Vortrag konnte ich noch zum Mittagessen bleiben. Ich schaute im Speisesaal in das Gesicht vieler schon dementer Schwestern. Ich spürte unter allen eine große Wachsamkeit füreinander und eine echte Liebe untereinander. Und dann kam noch manche und drückte mir mit einem tiefen Strahlen im Gesicht einen kleinen Brief-Umschlag in die Hand. „Das ist für die jungen Menschen!“ hörte ich immer wieder. Als ich abends nachschaute, waren lauter kleine Geldscheine zusammen gekommen. Mir schossen Tränen in die Augen. Diese Ordensfrauen hatten fast nichts Eigenes. Und von dem wenigen, was die einzelnen besaßen, hatte sie alle etwas hergegeben. Wieder neu verstand ich: „Am Ende wird nur Liebe sein!“

Wer liebt, ist Zeuge Gottes!

Gestern war ich auf dem Rückweg von einem christlichen Jugendtreffen. Es war eine richtig schöne Zeit. Im Zug mir gegenüber saß ein älterer Mann. Er lächelte mir zu, was nicht so oft geschieht. Nach einer Weile fragte er mich nach der Bedeutung des Armbandes, das ich vom Jugendtreffen noch am Arm trug. Was mich erstaunte, war, dass er das Armband bemerkt hatte, das ich eher verborgen trug. So dachte ich: In diesem Augenblick ist Gott am Werk. ER lädt mich ein, seine Zeugin zu sein und diesem Mann etwas von unserem Treffen zu erzählen. Aber ich bin nicht der Typ, der sofort beginnt, von Gottes Liebe zu reden. So antwortete ich: „Das Armband ist eine Erinnerung an ein Jugendtreffen.“ Aber er fragte nach. So dachte ich, Gott will, dass ich mehr erzähle. So erzählte ich ein wenig mehr über das Treffen und es entspann sich ein längeres Gespräch. Mein Gegenüber zeigte sich als ein Glaubender, der aufgrund einiger Negativerfahrungen mit der Kirche im Clinch war. Daraufhin teilte ich einige positive Erfahrungen mit ihm. Mehr und mehr erzählte der Mann von seiner persönlichen Beziehung zu Gott, von seiner Art zu beten und dann srpach er von seiner Cousine, die wenige Tage zuvor gestorben war. Er betete jeden Tag für sie, die nach fünf Jahren Kampf gegen die Krankheit im Kreis ihrer Familie an Krebs gestorben war. In diesem Augenblick spürte ich, dass wir beide Zeugen des lebendigen Gottes waren und uns durch unser Leben aus dem Glauben gegenseitig bereichern durften.

Lass dich ansprechen!

Es war ein Vormittag. Ich saß für eine Studienarbeit in der Universitätsbibliothek. Ein junger Mann kam in den Raum. Er schaute sich um und schien ein wenig verzweifelt. Sein Aussehen ließ auf seine orientalische Herkunft schließen. Nach einigem Zögern kam er auf mich zu und bat in englischer Sprache um Hilfe. Zunächst war ich unsicher und wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Er zeigte mir eine Adresse und wusste nicht, wie er mit öffentlichen Verkehrsmitteln dorthin gelangen konnte. Da er kein Deutsch sprach, kam er nur schwer weiter. Obwohl ich die Stadt selbst nicht so gut kannte, schaltete ich meinen Computer an und suchte nach dieser von ihm angegebenen Adresse. Ich fand sie und schrieb  ihm alles auf einen Zettel. Als ich ihm das Papierstück gab, schaute er mich so glücklich an und sagte: "Nobody has done such thing for me here." (Niemand hat hier sowas für mich getan)

Eine zärtliche Geste

Es war noch ein wenig Zeit, bis ihr Flieger wieder ging. Wir gingen auf einen kleinen Hügel in der Nähe des Flughafens, um die Weite und Schönheit der Landschaft zu bestaunen. Sie war noch nie in unserem Land gewesen und war dankbar für alle Eindrücke, die sie sammeln konnte. Auf dem Rückweg zum Auto lagen eine alte  Bierflasche und eine Plastik-Flasche im Gebüsch. Sie ging hin, hob sie auf und nahm sie – mit einem gewinnenden Lächeln in ihrem  Gesicht - mit. Am Parkplatz stand ein Mülleimer, in den sie die beiden Flaschen versenkte. „Schade, das hier klein Glas-Container steht!“ hörte ich sie sagen. Was für eine zärtliche Geste für unsere Mutter Erde, dachte ich bei mir. Als ich vom Flughafen zurückkam, lagen eine Eisverpackung und eine leere Zigarettenschachtel auf der Straße vor meiner Haustür. Ich hob sie auf und warf sie in den Mülleimer. Seither tue ich das täglich und weiß mich verbunden mit der Erde und mit dieser jungen Botschafterin.

Ekel als Sprungbrett

Seit Jahren veranstaltet ein Jugendverband unserer Pfarrei ein Ferienlager für Kinder. Sie hatten mich eingeladen, vorbeizuschauen. Gern fuhr ich als Pastor zu den Kindern und Jugendlichen. Nach ein paar Tagen hatte ich mich zum Säuberungsdienst für die Toiletten-Anlagen gemeldet. Als ich begann, sah ich, wie der Abfluss bei zwei Duschkabinen nicht mehr funktionierte, weil die Abflüsse total voller Haare waren. Natürlich spürte ich in mir eine leichte Abneigung gegen diese Arbeit. Doch dann dachte ich: Nimm diese Arbeit als  Sprungbrett, Deine echte Liebe zu zeigen. Sofort machte ich mich an die Arbeit und säuberte alle Abflüsse der Anlage. Das blieb nicht unbemerkt und manches Kind kam freudestrahlend vorbei, weil das Duschen jetzt wieder viel mehr Spaß machte.

Ein ermutigendes Federballspiel

Immer wieder war mir der kleine Junge in unserem Ferienlager aufgefallen. Er spielte oft für sich allein und fand irgendwie keinen richtigen Anschluss zu den anderen Kindern. Mehrfach hatte ich ihn ermutigt, aber es blieb schwer für ihn. Eines Nachmittags, als ihn wieder allein spielen sah fragte ich ihn, ob er Lust habe, mit mir Federball zu spielen. „Na klar!“ war seine freudige Antwort. Wir begannen und ich staunte nicht schlecht, als wir es zu 40 Ball-Berührungen brachten, ohne dass der Federball zu Boden fiel. Ich sah, wie froh und stolz mein kleiner Spielkamerad war. Kurze Zeit nach unserem Federball-Match sah ich, wie der kleine begonnen hatte, mit anderen „Verstecken“ und „Fangen“ zu spielen. Er hatte begonnen, sich zu wagen.

Ihr Gesicht strahlte!

In einer Nachricht las ich: „Können wir morgen gemeinsam einen Spaziergang machen?“ Es war eine Bekannte von mir. Ich kannte sie seit den Gymnasium-Jahren in meiner Stadt, in der ich groß geworden bin. Obwohl wir heute beide in der gleichen Stadt eines anderen Landes leben, sehen wir uns sehr selten. Uns verbinden nicht so viele Gemeinsamkeiten, weil meine Bekannte in einem anderen Umfeld groß geworden ist als ich. Außerdem gehört sie einer anderen Religion an. Wir trafen uns. Anfangs erzählten wir, wie es uns generell ging. Dann stellte sie immer mehr Fragen in Bezug auf meine Religion. Ich war ein wenig erstaunt, aber ich antwortete ganz offen und fröhlich auf all ihre Fragen. Dann sagte sie auf einmal: „Weißt Du, in unserem Glauben gibt es sehr strikte Regeln, denen man folgen muss, oder man gehört nicht mehr zu dieser Religion. Es gibt Regeln für unser Tun, für das Essen und für die Kleidung. Habt Ihr in Eurem Glauben auch Regeln? Was macht Dich zur Christin? Und wenn es Regeln gibt, die in unseren Religionen unterschiedlich sind, welche sind richtig? Welchem Weg gilt es dann zu folgen? Meine Religion stimmt in vielem mit Deiner nicht überein. Bei wem liegt die Wahrheit? Wer ist der ‚wahre‘ Gott?“ Es kamen Fragen über Fragen!

Ich sagte zu ihr: Weißt Du, meines Erachtens gibt es eine absolute Wahrheit nicht. Ich kann nur von mir und meinen Erfahrungen mit Gott erzählen. Und aus meinen persönlichen Erfahrungen heraus weiß ich, dass Gott ‚Liebe‘ und nichts anderes ist. Alles, was nicht Liebe, sondern Hass, Wut, Neid hervorbringt, ist nicht Gott. Und diese Liebe ist nicht nur die Liebe zwischen zwei Menschen, sondern auch die Liebe in der Familie, im Freundeskreis bis zu all den Menschen, die im Lauf eines Tages meine Nächsten sind. Mein Nächster ist immer neu der, der meine Hilfe braucht und wenn ich gerad helfen kann, dann ist diese Geste des Helfens ein Akt der Liebe zu diesem Menschen, den ich vielleicht gar nicht kenne.

Weiter sagte ich zu ihr: Wenn wir uns ständig mit anderen vergleich, werden wir nie glücklich sein. Warum drängt es uns dazu, unser Gegenüber schlecht zu machen, nur damit „wir“ / „ich“ ein wenig besser dastehe? So zerstören wir uns selbst und leben fern von Gott.

Ich habe ihr dann noch ein paar kleine Erfahrungen aus meinem konkreten Leben erzählt und am Ende war sie total froh! Sie hatte so ein Strahlen in ihren Augen, wie ich es nie bei ihr gesehen habe. Sie war im Frieden. Und ich spürte, da war noch etwas Größeres, vielleicht jemand Größeres zwischen uns. Als wir uns verabschiedeten sagte sie: „Danke für Deine Zeit und Deine Geduld mit mir. Du bist echt gut!“

Raum für Zweifel

Als kleine Gruppe hatten wir uns getroffen. Zwei „Ferienkinder aus Norwegen“, bei uns in der Stadt zu Gast, wollten gern ein wenig über go4peace erfahren. Das ging am besten bei einem leckeren Eis. Bei einer der Jugendlichen merkte ich, dass sie nicht an Gott glaubt. So wurde mir klar, dass es an dieser Stelle wichtig war, einfach nur dazu sein und diesem jungen Menschen den Raum zu geben, um alles Wort werden zu lassen, was an Fragen, Zweifeln und Gedanken in ihm war. Und dann kam richtig was in Bewegung in Richtung Gott – in aller Freiheit! Es gilt eben immer neu: „Trust and jump!“  - "Vertrau und spring!"

Sie fand ihren Ort!

Ich habe eine Freundin in meiner Schule, die auch Christin ist. Sie ist protestantischen Glaubens und geht sonntags in eine kleine Gemeinschaft, der sie sich zugehörig fühlt.
Von Anfang an haben wir uns sehr oft über Gott ausgetauscht, weil er für uns wichtig ist. So entdeckten wir in unseren Glaubensüberzeugungen so manchen Unterschied, der uns überraschte. Ich bin mit ihr in ihre Kirche gegangen, und sie mit in unseren Gottesdienst. Wir wollten uns besser verstehen lernen. Ich war sehr neugierig und freute mich, mit ihr in der Bibel zu lesen. Gleichzeitig spürte ich, dass wir nicht wirklich verbunden waren.

Vor einem Monat begleitete sie mich in die Kapelle meiner Schule. Zusammen mit anderen Studenten, die auch gekommen waren, haben wir gemeinsam gebetet. Das war sehr schön, weil meine Freundin auch für sich selbst einen ruhigen Ort in der Schule gefunden hatte, an dem sie Zeit mit Gott verbringen kann. 

Ich spüre, wie wir einander im Glauben unterstützen. Das letzte Mal haben wir zu Hause miteinander für unsere gemeinsamen Freunde gebetet, und dann noch für unsere Nachbarn. Das war so schön!!! Jesus war spürbar da! Wir zwei waren in seinem Namen beisammen. Dieses Gebet war für mich das Zeichen, dass wir es geschafft hatten: In diesem Augenblick waren wir nicht mehr Protestantin oder Katholikin, sondern zwei Christinnen, zwei Menschen, die miteinander unterwegs sind. Ich war und bin so glücklich darüber.

Betend durchgekaut!

Eine tamilische Familie hatte sich bereit erklärt, eine junge Frau aus Süd-Ost-Europa für ein Jahr bei sich aufzunehmen. Nun galt es das Zimmer herzurichten. Dazu suchte ich noch ein Bett und einen Schrank. „Wir haben noch ein wunderbares Himmels-Bett abzugeben!“ las ich in einer Mail. Schnell holte ich das Bett und ohne es aufgebaut gesehen zu haben, gelang es mir am nächsten Tag, bei der Familie dieses Bett aufzubauen. Ich freute mich sehr, dass die junge Frau aus Süd-Ost-Europa schon am Pfingstfest für ein paar Tage kommen würde. Als ich mich verabschiedete, sagte mir die Tamilin, nun sei für sie am Pfingsttag noch eine Einladung zur Firmung zu ihrer Tochter in Skandinavien ins Haus geflattert. „Ich weiß gar nicht, was ich machen soll, denn ich möchte doch für die Gäste da sein und sie kennen lernen, aber meine Tochter ist total traurig, wenn ich nicht komme. Was soll ich nur machen? Bitte beten Sie für mich!“ bat mich die Frau. Ich versprach ihr mein Gebet und tat es im gleichen Augenblick mit ihr gemeinsam – noch in der Tür stehend. „Wissen Sie was?“ wandte sie sich erneut an mich. „Gerade, als wir betend sprachen, hab ich verstanden, dass die Arbeit, die Sie für Europa machen, so wichtig ist und dass ich bleiben soll, um mit den Gästen daran mitzuarbeiten. Und als ich gedacht habe: Bleib auf Pfingsten hier und geh später für eine ganze Woche zu Deiner Familie nach Skandinavien, da hatte ich einen echten Frieden in meinem Herzen!“

Überraschungen auf dem Weg

Nach einer langen Reise war ich heimgekehrt und musste mich wieder in meinen Studienalltag einfinden. Es war Sonntag. Ich wollte zur Messe. Leider fand sie nicht statt, da die Kirche aufgrund von Renovierungsarbeiten für längere Zeit geschlossen war. So ging ich traurigen Herzens weiter. Plötzlich stoppte ein Auto neben mir. Eine Kinderstimme rief meinen Namen. Und schon war der kleine Junge aus dem Auto gesprungen und umarmte mich inniglich. Als Au-pair hatte ich ihn über mehr als zwei Jahre begleitet und ins Herz geschlossen. Ich hatte ihm zu seinem Geburtstag noch wunderschöne Karte geschickt. Gesehen hatten wir uns lange nicht mehr. „Danke, dass Du mir zum Geburtstag geschrieben hast! Ich hab mich soooo gefreut!“ Nachdem er mich erneut ganz fest an sich gedrückt hatte, sagte er weiter: „Du hattest ja auch Geburtstag. Ich hab ganz fest an Dich gedacht.“ Dann holte er zwei Euro aus seiner Hosentasche und sagte: „Hier, das ist mein Geschenk für Dich!“ Zunächst lehnte ich ab, da ich dem Kind dieses Geld nicht wegnehmen wollte. Aber er blieb beharrlich. Und so musste ich es nehmen. Als wir uns verabschiedeten, rief er noch: „Und besuch uns bald mal wieder! Ich vermisse Dich so sehr!“ Mit Tränen der Freude in den Augen blieb ich zurück. Ich hatte mit dem Kind so viel Zeit geteilt und ihm Liebe geschenkt. Und nun durfte ich erfahren, dass die Liebe wirklich bleibt.

Als ich an der Uni ankam, traf ich eine Freundin und lud sie auf ein Eis ein. Sie hatte Zeit und so vervielfachten die zwei Euro auch noch ihre Freude. Ein lebendiger Austausch mit meiner Kollegin war ein weiteres Geschenk. Ich verstand: Der, dem ich hatte in der Messe begegnen wollen, hatte sich zwei Mal unter uns Menschen ereignet, ER in der Mitte der Seinen.

Nur noch schnell in den Laden!

Nur noch schnell was einkaufen, denn im Brotkorb war kein Brot mehr und das Wochenende nahte. So lief ich am späten Samstagnachmittag noch schnell aus der Bibliothek meiner Uni in einen Supermarkt, um für den Sonntag gut gerüstet zu sein. Als ich vor dem Brot-Regal stand, war ein älterer Mann gerade dabei, alle Semmeln in seinen Einkaufswagen zu legen. Er schien Besuch zu bekommen und brauchte anscheinend eine Menge an Brot. Sonst war kein Brot mehr vorrätig. Als er mich vor dem Regal stehen sah, fragte er, ob ich auch noch Brot brauche? Ich nickte. So ließ er noch drei Semmeln in Regal liegen. Mich rührte diese Geste so sehr, dass ich mich entschied, nur einen davon mitzunehmen und ansonsten fürs Wochenende auf Nudeln zu setzen. Der ältere Mann sah das, und fragte, ob ich die restlichen zwei nicht aus noch brauche? Ich verneinte und sagte ihm: „Nehmen Sie die ruhig noch, ich spür, Sie brauchen die ja noch!“ Lächelnd nickte er und bedankte sich. Diese ehrliche und achtsame Begegnung am Brotregal ließ in mir eine große Freude zurück.

So viel Arbeit!

Eine Familienfeier stand an. Kuchen wurde gebacken, Stühle und Tische wurden gestellt und noch so manches mehr. Die Verwandten kamen und es war wirklich ein gutes Beisammensein. Alle waren froh, mal wieder miteinander ausgiebig reden zu können. Nur in mir machte sich der Gedanke breit: Dieses Fest vorzubereiten war so viel Arbeit bei all dem anderen, was es alltäglich immer zu tun gilt. Warum konnten die Gäste nicht auch etwas beisteuern? Am nächsten Tag ging ich zur Messe und erhielt die Antwort: Der Priester schenkte jedem ein kleines Buch mit allen Evangelien. Er gab uns Mitfeiernden die Anregung mit auf den Weg, einmal darüber nachzudenken, was gibt es Größeres gibt, als die Liebe Gottes geschenkt zu bekommen.

Auch das Spendenschwein ging nicht leer aus!

Ein Mitarbeiter des TÜV hatte sich angemeldet, er schaute vorbei, um einen Aufzug in unserem Haus technisch zu warten und abzunehmen. Ausgerechnet am Vortag seines Kommens gab der Aufzug seinen Geist auf. Ich erklärte dem Mitarbeiter, dass wir in der Kürze der Zeit noch keinen Techniker hatten kommen lassen können. Dann entwickelte sich ein Gespräch über Gott und die Welt. Auf einmal sagte er: „Wissen Sie, ich schau mir den Aufzug jetzt Mal genauer an!“ Am Ende hat er den Schaden selber repariert, den TÜV abgenommen und mir im Schalterkasten noch ein paar Tricks erklärt. Als er dann unser Haus verließ und ein Spendenschweinchen an einer Ecke stehen sah, griff er noch in seine Hemdtasche und warf ein paar Münzen in die Box. Ich denk, das war sein Trinkgeld.

Ein unerwarrtetes Geschenk

Eine Freundin besuchte mich an meinem Studienort. Ich hatte mich sehr auf sie gefreut, da ich mich mit ihr auch über meinen Glauben austauschen kann, was mit den meisten meiner Mitstudierenden nicht möglich ist. Wir machten uns auf den Weg zu einem nahen Wallfahrtsort, an dem ich gern bin, weil er mich innere Ruhe finden lässt. Wir sind fast alle Wege gelaufen, weil meine Freundin das Geld für den Nahverkehr sparen wollte. Der Hinweg dauerte zwei Stunden. Für den Heimweg entschieden wir uns, doch ein Ticket zu kaufen und mit der Straßenbahn zu fahren. Als wir einstiegen und ein Ticket kaufen wollten, lag am Ticketautomaten ein noch für eine Stunde gültiges Ticket. Es war so, als hätte ein Engel dieses Ticket für uns hinterlassen, damit wir kein Geld ausgeben mussten. Wir hatten genau eine Stunde Zeit für den Heimweg. Es passte genau! Wir waren so glücklich! Ein Geschenk!